„November Songs“ heißt das aktuelle Album des Duo LumiMare. Die Flötistin Michaela Neuwirth und Mathias Schabow am Klavier haben die Platte im vergangenen Herbst eingespielt. Corona stand zwar Pate – doch das Album ist nicht nur melancholisch gefärbt.
Klar, der Titel der CD klingt erst einmal nach Herbst, nach Regen. „And it’s hard to hold a candle in the cold November rain“ singen beispielsweise Guns N’ Roses. Doch dem ist nicht so. Das Album ist nicht aus einer Melancholie heraus entstanden. „Dass das Album entstanden ist, hat aber schon mit Corona zu tun“, erklärt Michaela Neuwirth. Und zwar schlicht aus dem Grund, „weil wir mehr Zeit hatten“. Keine Konzerte standen auf der Agenda und tatenlos in den vier Wänden zu sitzen war keine Alternative. „Wir wollten weiterhin kreativ bleiben und haben die Zeit genutzt, das schon länger geplante Album einzuspielen. Wir hatten schon länger vor, mit Elektronik zu arbeiten. Die Melancholie hat sich irgendwie so ergeben…“
Das komplette Album hat sich, wenn man es ganz genau nimmt, „irgendwie so ergeben“. Das Album nämlich ist frei improvisiert. Doch Zufall ist es nicht, dass es klingt wie es klingt. „Wir haben alles aufgebaut und uns gesagt: Wir spielen und gucken, was passiert.“ Natürlich hatte man im Vorfeld Ideen gesammelt und sowieso ein umfassendes gemeinsames Repertoire. „Einer fängt an und der andere steigt ein. Manchmal spielt das Klavier eher solistisch, dann kreiere ich eher Hintergrundsounds. Wir treffen uns und driften wieder auseinander. Reaktion und Gegenreaktion. Immer.“
Auf diese Art und Weise hatte das Duo noch nie ein Album aufgenommen. Der erste Take war immer auch der einzige. „Das wird beim nächsten Mal nicht mehr so klingen wie in dem Moment“, lacht Michaela Neuwirth. Mathias Schabow verwebt zusammen mit ihr Anklänge von Jazz, Blues, psychedelische Sounds mit klassischer Romantik, Impressionismus und Minimal Music.
Vorteilhaft ist es dabei natürlich, dass man sich gut kennt und weiß, wie der andere tickt und spielt. „Das stimmt“, lacht die Flötistin. „Wir kennen uns tatsächlich sehr gut.“ Seit 2014 gibt es das Projekt LumiMare nun. „Mein Mann Mathias ist der Komponist und hatte viele Stücke parat, die wir für das Duo arrangiert haben.“ 2015 kam dann das Cello dazu und es entstand der Name. Von den Anfangssilben der Protagonisten Ludmila Firagina, Michaela Neuwirth, Mathias Schabow kam man zu Lumima und hängte kurzerhand ein „re“ an. Die Silben stehen auch für „Licht“ und „Meer“, was recht gut auf die Musik zutrifft – zu hören unter anderem auf der CD „Aquilone“ von 2015. 2016 kam die gemeinsame Tochter auf die Welt, was der Passion Musik aber keinen Abbruch tat. „Es war eine schöne Zeit. Wir haben deutschlandweit gespielt, auf Kleinkunstbühnen, in Kirchen, Theatern.“
Mittlerweile ist das Duo LumiMare übriggeblieben, was aber nicht zwingend der Corona-Situation geschuldet ist. „Wir haben auch vorher Duo gespielt“, sagt Michaela Neuwirth, „aber durch Corona war es natürlich einfacher zu sagen, wir machen jetzt mal ein Duo-Projekt.“
Frei und selbstbestimmt
Alle Produktionen des Duos erscheinen auf dem Label SchabowMusic, das im vergangenen Jahr das zehnjährige Jubiläum feierte. Im Zentrum agiert LumiMare, wodurch es Mathias Schabow und Michaela Neuwirth gelungen ist, ein Alleinstellungsmerkmal zu kreieren und unabhängig zu sein. „Wir machen wirklich alles alleine: die Aufnahmen, Schnitt, Videodreh, Fotos, Plattencover“, erklärt Michaela Neuwirth. Da spielte auch das Finanzielle eine Rolle und „wir sind einfach frei und selbstbestimmt. Wir haben die Möglichkeit, eine CD im Jahr zu machen oder fünf – wie wir gerade Lust haben.“ Die Flötistin lacht.
Und demnächst will das Duo auch unbedingt wieder raus auf die Bühne. Wie jede Künstlerin, jeder Künstler derzeit. Michaela Neuwirth ist vorsichtig optimistisch, und doch „muss man jetzt einfach mal abwarten, wie sich das alles entwickelt“. Für den Moment bleibt der Musikerin fast nur übrig, „im Gespräch zu bleiben“. Dass sie darüber oftmals gar nicht so viel zum Üben kommt, nervt sie schon ein wenig. „Wir überlegen gerade tatsächlich viel, wie sich unsere Musik online vermarkten lässt. Doch Social Media, Online-Marketing und Co. sind so ein großes Feld, dass ich mir gar nicht so sicher bin, ob ich das so vertiefen möchte. Denn das Spielen sei ja schon noch das Wichtigste, lacht sie. Und das Zuhören – am besten live – soll für das Publikum so schnell wie möglich auch wieder das Wichtigste werden.