Jedes Jahr zur Zeit der Frankfurter Musikmesse stellen wir uns die Frage, warum diese Messe noch stattfindet und ob außer der Steigerung der Verkaufszahlen von Musikinstrumenten diese Messe noch einen künstlerischen und entwicklungstechnischen Wert habe.
Man sollte meinen, dass unsere klassischen Musikinstrumente kaum noch einer Verbesserung bedürfen, da heutzutage sowieso jeder Klang durch digitale Medien erst »richtig schön gemacht« würde. Der Mensch könne ohnehin nie das ausdrücken, was die Technik uns bescheren zu können meint.
Trotzdem dürfen wir jedes Jahr voller Freude ausrufen: »Jawohl, diese Messe ist wichtig, denn sowohl in der Menge als auch in der Qualität der Instrumentenbaukunst gibt es noch immer viel zu tun!« Und Musik stirbt nicht! Ich bin sicher, dass auch unsere Urenkel noch Geige und Trompete spielen werden.
Nichts ist dauernd als der Wechsel (C. L. Börne 1786-1837)
Seit Menschengedenken gehört der Instrumentenbau zu den großen Leistungen des menschlichen Geistes, durchaus vergleichbar mit bildender Kunst oder Poesie. Aus relativ dürrem Material wird die akustische Wiedergabe geistiger Werte geformt, die dem Musiker einen Blick in die Weiten des Denkens gewähren und uns immer wieder bestätigen, dass »alles fließt« (Heraklit) und nichts stagniert.
Dies hat Heraklit in seinem Topos bereits vor 2500 Jahren erkannt; er zeigt uns Heutigen, dass schon in der Antike die großen Philosophen wussten, dass nichts für die Ewigkeit gemacht wird, und dass das scheinbar Übliche und Gebräuchliche einem permanenten Wandel unterliegt, der uns ermahnen sollte, nicht immer von dauernder »Allgemeingültigkeit« zu sprechen. Tausendjährige Reiche sind schnell zerbrochen, aber neue Musikinstrumente werden noch heute von kreativen Menschen erfunden.
Die Kunst des Instrumentenbaus besteht in der Umformung von Blech, Holz, Knochen, Innereien und Draht, also alltäglichen Materialien in klingenden Geist, der umso feinere Materialverarbeitung erfordert, je diffiziler die Gestaltungskünste des »Nutzers« und Interpreten des Materials sind. Bevor ich auf moderne Anforderungen näher eingehe, möchte ich einen kleinen Blick in die Geschichte der Kunst des Instrumentenbaus werfen.
Man kann sich gut vorstellen, mit welcher Faszination unsere Urvorfahren die Klangfähigkeit eines hohlen Knochens entdeckten; sie setzten dessen Klangüberhöhung der menschlichen Stimme und Verfremdung gängiger Laute für die Intensivierung kultischer Handlungen ein. Parallel dazu suchte der steinzeitliche Instrumentenbauer als Trommler, Streicher bzw. Bläser stets nach Klangverbesserungen und der Erweiterung der Ausdrucksstärke. So wurde er zum Urheber unseres heutigen Instrumentenbaus. Noch heute gibt es Vollblutmusiker, deren »Hobby« es ist, ihre Instrumente selbst zu bauen.