Erst einmal ist der Begriff »Neue Volksmusik« – oder wahlweise auch »VolXMusik« – verhältnismäßig nichtssagend. Oder alles sagend. Es wird wohl um Volksmusik neuerer Art gehen. Geht es um eine Neuausrichtung? Um eine Weiterentwicklung? Ist Neue Volksmusik eine Hommage an die Alte Volksmusik? Wir wollen dem auf den Grund gehen – und befragen dazu auch Protagonisten der Szene.
Neue Volksmusik / VolXmusik: Der Versuch einer Defintion
Bemühen wir doch zunächst einmal das Lexikon. Das Online-Lexikon Wikipedia erklärt: »Das Musik-Genre Neue Volksmusik (manchmal auch VolXmusik, Volkspunk) bezeichnet den Versuch, Elemente der Volksmusik in neue Kontexte zu setzen und mit Jazz, Folk, Hip-Hop, Rock und anderen Stilen zu verbinden. Es ist ein Subgenre der Weltmusik und stellt eine Form des Crossover dar.«
Wenn man sich diese Definition anschaut, kommt man zu dem Schluss, dass dabei nahezu alles hineinpasst – wenn man es sich zurechtbiegt. Und der Verdacht beschleicht einen, dass der Begriff eigentlich nur geschaffen wurde (für Journalisten, die so gerne in Schubladen denken?), um etwas zu benennen, was eigentlich nicht wirklich zu benennen ist – und vielleicht auch gar nicht benannt werden muss.
Ergänzung der traditionellen Volksmusik
Was den meisten Vertretern dieses »Genres« gemein ist, dass sie einerseits mit zeitgenössischer Musik in all ihren Spielarten und zugleich der traditionellen Musik ihrer Region aufgewachsen sind. Neu an der neuen Volksmusik ist dabei die Vermischung der Stile. Man spricht explizit nicht von »Weiterentwicklung«, sondern eher von Ergänzung. Kaum einer der Protagonisten grenzt sich von der »alten«, der authentischen oder traditionellen Volksmusik ab.
Das war früher auch schon einmal anders, als das Bekenntnis zur Volksmusik mit Spießigkeit gleichzusetzen war. Heute findet vielmehr mitunter einer Rückbesinnung auf die Heimat statt – gerade im Zeitalter technischer, digitaler Einflüsse der globalisierten Welt. Ein anderes Element der Neuen Volksmusik ist die Abgrenzung gegenüber der volkstümlichen Musik oder dem volkstümlichen Schlager.
Sound of Heimat: Auf den Spuren der deutschen Volksmusik
Im Jahr 2012 erschien das schier sensationelle musikalische Roadmovie »Sound of Heimat«. Hier begibt sich der neuseeländische Saxofonist Hayden Chisholm auf die Spuren der deutschen Volksmusik – auf eine Entdeckungsreise quer durch Deutschland. Als Fremder mit unverstelltem Blick auf die deutsche Kultur und mit offenem Ohr für die Texte und Melodien moderner und traditioneller Musiker traf er auf eine lebendige Vielfalt regionaler Bräuche und Aktivitäten.
Dabei beleuchten die Regisseure Arne Birkenstock und Jan Tengeler auch die in Deutschland so weit verbreitete ambivalente Haltung zur Volksmusik und dem eigenen Heimatverständnis: Themen, welche durch die vergangene Ideologisierung und die »Heile Welt« des Musikantenstadls vielerorts in Vergessenheit geraten sind. Hayden Chisholm sagt: »Dieselben Menschen (in Deutschland), die feuchte Augen bekommen, wenn ein alter Indio in den Anden zum tausendsten Male ›El Cóndor Pasa‹ in seine Panflöte bläst, kriegen Pickel, wenn man sie auf die Melodien ihrer Heimat anspricht.«
Wegbereiter der Neuen Volksmusik
Frühe, aus dem südlichen deutschen Sprachraum kommende Wegbereiter der Neuen Volksmusik waren der Tiroler Komponist Werner Pirchner (seit 1973) und Biermösl Blosn (seit 1976). Eine der ersten Gruppen, die mit bairischen Texten und einem Crossover aus Volksmusik und Pop ein großes Publikum erreichten, war Haindling.
Unter den ersten Interpreten, der Blues mit bairischen Songtexten verband, war Willy Michl; Gerhard Bronner machte Marianne Mendt mit dem Song »Wia a Glock’n« berühmt. Joy Fleming sang Jazz und Blues mit Texten in Mannheimer Mundart und Christine Lauterburg jodelte crossover. In den 1970er Jahren wurde der Begriff Alpenrock geprägt.
Stimmen aus der Volxmusik-Szene heute
Heute gibt es zahlreiche Festivals und sogar Wettbewerbe zu diesem Genre. Neu an der Volxmusik ist wohl auch die (massen-)mediale Tauglichkeit. Wir haben – ohne Anspruch auf Repräsentativität – uns einmal in der Szene umgehört und lassen einige Protagonisten zu Wort kommen. Mit dabei: Andreas Broger und Johannes Bär vom hmbc, Stefan Huber von LaBrassBanda, Eliana Burki, die Begründerin des »Funky Swiss Alphorn«, Franz Josef Himpsl von der Unterbiberger Hofmusik, Martin Hutter von Moop Mama und Trompeter Matthias Schriefl.