Neue Musik! Da zuckt manch einer unwillkürlich zusammen. Warum eigentlich? Was ist so furchteinflößend? Sind es die »andersartigen« Klänge, das unbekannte Terrain? Doch wo man zusammenzuckt, da ist ja auch Spannung nicht weit. Wir sprachen mit Professor Johann Mösenbichler, der Appelliert: »Keine Angst vor Neuer Musik!«
Neue Musik für Blasorchester machen Sie ja nicht erst seit heute. Wie und wann haben Sie das Faible dafür entdeckt?
Schon während des Studiums. Ich hatte mir damals vorgenommen, jährlich ein Werk uraufzuführen. Allerdings habe ich das letztendlich nicht konsequent durchgehalten. Denn etwas uraufzuführen, um es zu tun, ist zwar nobel, doch es geht ja um die künstlerische Begleitung und die künstlerische Idee dahinter. In den letzten Jahren hat es sich wieder vermehrt ergeben – was auch mit meinem Wechsel nach München zu tun hat. Es haben sich Projekte ergeben mit Moritz Eggert, mit der Staatsoper, mit Hubert Hoche, mit Christoph Wünsch, mit den Hochschulen in München und Würzburg. Neue Werke sind reizvoll, wir brauchen neue Wege, um offen zu sein.
Ist die Neue Musik für die Blasmusik immer noch ein Stiefkind?
Wir spielen viel neue Musik – neu komponierte Musik. Sie ist oft durch Stilmittel aus der Filmmusik oder der Spätromantik geprägt. Oder sie ist so neu, dass alle Beteiligten den Wechsel von dem, was bekannt ist, nicht schrittweise weitererleben können. Man kann eben keine großen Sprünge machen, sondern muss Stufe für Stufe gehen. Gerade in der Neuen Musik ist das sehr wichtig. Wenn ein Musiker oder ein Dirigent den Sprachschatz des spätromantischen Genres beherrschen – egal ob das vor zwei Wochen oder vor 200 Jahren komponiert wurde – und jetzt liegt plötzlich etwas Atonales auf dem Tisch, ergibt sich eine Kluft dazwischen, die man einfach nicht überspringen kann. Es ist wie bei den Sprachen: Wenn ich Grammatik und Vokabular näher kenne, wird die Sprache interessanter. Wenn ich davon nichts kenne, verstehe ich auch nichts.
Das PDF enthält alle sechs Artikel des Schwerpunktthemas "Der Dirigent – Stummer Klangmagier?"
- Der Dirigent – Ein stummer Klangmagier? Klang – Klangausgleich – Klangangleich (von Stefan Fritzen)
- Der Kompromiss als Tod der Musik? (von Klaus Härtel)
- Wie wird man Dirigent? Zehn Ratschläge von Esa-Pekka Salonen
- Neugierig sein: Professor Johann Mösenbichler über Neue Musik (von Klaus Härtel)
- Quell der Inspiration – Dirigenten und ihre Vorbilder (von Cornelia Härtl)
- Mehr als "nur" ein Marsch-Komponist – Dirigent John Philip Sousa (von Joachim Buch)