Brass, Szene | Von Jochen Mettlen

Von Antwerpen nach New York: Das Musikprojekt »Ellis Island« von Vanhoorne und Nieuwenhuis

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sind viele Europäer in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Zentrale Ankunftsstelle war Ellis Island bei New York. Diese Auswanderungswelle, die heute aktueller denn je erscheint, haben die beiden Musiker Harmen Vanhoorne und Stan Nieuwenhuis musikalisch aufgegriffen.

Das Musikprojekt »Ellis Island«

Anderthalb Jahre haben Harmen Vanhoorne aus dem ostbelgischen Hinderhausen und Stan Nieuwenhuis aus Antwerpen an dem Projekt gearbeitet. Herausgekommen ist die CD »Ellis Island« mit 13 Stücken. Das Debütalbum des Duos »Doux« basiert auf Porträtfotos, die Augustus Sherman (1865 bis 1925) von den Ankömmlingen auf Ellis Island gemacht hat.

Als die beiden Musiker die Fotos sahen, war ihnen klar, dass das Thema Auswanderung aktueller denn je ist. Die Fotos dienten als Kompositionsvorlage. Das Ergebnis ist ein höchst interessantes Musikalbum, ein Crossover-Projekt zwischen Jazz und Klassik, bei dem jede einzelne Musiksequenz handgemacht ist.

Über das Musikprojekt sprachen wir mit dem 31-jährigen Harmen Vanhoorne, der als Solokornettist bei der belgischen Elitemilitärkapelle Guides beschäftigt und ein weltweit gefragter Solist und Dozent ist.

Harmen Vanhoorne, weshalb haben Sie das Thema Migration musikalisch aufgegriffen?

Das Thema Migration ist derzeit sehr aktuell. Weil ihn das Thema sehr interessiert, hat sich Stan Nieuwenhuis auf die Suche gemacht und recherchiert. Dabei ist er auf die Fotos von Ellis Island gestoßen. Augustus Sherman arbeitete dort und machte Bilder von den Ankömmlingen, die in den USA das gelobte Land sahen.

Sie wurden quasi verpflichtet, sich in ihren traditionellen Kleidern ablichten zu lassen. Viele sprachen kein Englisch, und so erhielten sie landestypische Namen wie Uwe, Isabelle oder Desiree. Mehr als 100 Jahre später sind die Fotos aktueller denn je. Stan hat versucht, all diese Elemente in die Stücke einfließen zu lassen.

Damals haben die Menschen Europa auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen. Nichts anderes machen derzeit die Menschen aus Afrika, Asien oder dem Nahen Osten. Die heutigen Migranten werden häufig falsch verstanden. Mit unserer Musik möchten wir zeigen, dass die heutige Situation nicht anders ist als die damalige.

Wie haben Sie das Ganze musikalisch umgesetzt?

Stan hat die Werke geschrieben. Jedes Stück basiert auf einem Foto und hat einen Namen. Wie gesagt, viele sprachen kein Englisch und bekamen einfach einen Namen, der typisch für ihr Heimatland war. Wir haben zwölf Namen ausgesucht, die die vielen Menschen und deren Nationalitäten widerspiegeln sollen.

Zudem wollten wir das Kornett aus seinem gewohnten Umfeld herausnehmen und es in eine Pop-Welt hineinversetzen. Wir wollten etwas ganz Neues schaffen. Der Leadsänger ist das Kornett, untermalt mit Beats und einem E-Piano, das Stan spielt.

Artikel in voller Länge als PDF downloaden