Die Süddeutsche Zeitung ernannte Till Brönner neulich zum »einzigen deutschen Jazzer mit Weltruf«. Ohne Zweifel ist er wahnsinnig erfolgreich und unglaublich bekannt. Man kann also durchaus annehmen, dass der Trompeter in Sachen »Marketing« so einiges richtig gemacht hat. Wir wollten das genauer wissen.
Der erste Interviewtermin geht schief. Was aber nicht am Künstler liegt, sondern am italienischen Mobilfunknetz, auf das der Fragesteller vertraut hatte. Till Brönner könnte jetzt beleidigt das Gespräch absagen. Macht er aber nicht. Ein Ersatztermin ist schnell gefunden. Wieder per Telefon, wieder ins italienische Netz. Alles ist frühzeitig bereit: Bozen, Sonne, 25 Grad. Doch man kennt das ja: Stars lassen einen gerne warten. Nicht Till Brönner. Der ruft eine Minute früher an als vereinbart. Und allein das zeigt, dass hier – in jeglicher Hinsicht – ein Vollprofi am Werk ist.
»Bad news is good news«
Wenn Claus Kleber das heute-journal moderiert, freut er sich immer besonders über gute Nachrichten, die einmal nichts mit den Katastrophen dieser Welt zu tun haben. Denn Journalisten und Redakteure verlassen sich gerne auf die alte Weisheit »Bad news is good news«. Schlechte Nachrichten erhöhen die Aufmerksamkeit der Rezipienten – und steigern die Auflagen und Einschaltquoten. Wer in den Nachrichtensendungen genannt werden will, muss schlechte Nachrichten liefern. Oder Angelina Jolie heißen, die sich von Brad Pitt trennt.
Die Bedeutung von Marketing
Doch diesen Ansatz verfolgt Till Brönner sicherlich nicht. Zumindest nicht bewusst. »Das ist ja auch eine Frage der menschlichen Wahrnehmung«, findet der Trompeter. Er räumt aber ein, dass es die Tendenz in der Gesellschaft gibt, »sich lieber über Dinge zu unterhalten, die daneben gehen«. Schon Schauspieler Curd Jürgens war ja der Meinung, die richtige Schreibweise seines Namens sei das Wichtigste: »Dann ist alles in Ordnung.«
Till Brönner weiß: »Bekanntheit bekommt dem Künstler nicht nur gut.« Fehltritte werden heutzutage sofort bemerkt. »Ich bin jemand, der nie einen Hehl daraus macht, wo seine Vorlieben sind. Und sicher gebe ich manchmal Anlass, dass man sich an mir und meiner Musik reibt, dass sich Diskussionen ergeben.«
Die Pressemitteilung zum aktuellen Album spielt darauf an: »Die sanften Provokationen sind meist die nachhaltigsten. Der Berliner Trompeter Till Brönner ist nicht eben als Provokateur bekannt und doch ist sein neues Album ›The Good Life‹ nicht weniger als eine handfeste Herausforderung.«
So sehr das Trompetenspiel Till Brönners über jeden Zweifel erhaben ist, so sehr weiß der Künstler, dass die Präsentation in der Öffentlichkeit, die Werbung, das Marketing nicht nur sinnvoll, sondern immens wichtig ist. Erstaunlich ist, dass ihm genau das von Kritikern um die Ohren gehauen wird.