Aus der Fülle der Fragen, die Malte Burba immer wieder erreichen, greifen wir jeden Monat einige heraus, die alle interessieren könnten. Im aktuellen Beitrag geht es um trockene Lippen, um Ausdauer und Tonumfang sowie um Materialvibration bei guten Instrumenten. Wenn Sie eine Frage haben, die auf dieser Seite beantwortet werden soll, dann mailen Sie an: burba(at)brawoo.de
Seit einem Monat nehme ich Roaccutan. Dieses Medikament trocknet meine Lippen sehr stark aus. Ich habe alles probiert: Butter, Bepanthen etc. Mein Spiel funktioniert im Moment überhaupt nicht mehr. Wenn ich angestoßene Läufe spiele, bleiben 50 Prozent der Töne weg oder klingen verbröselt. Wenn ich die Lippen einschmiere und spiele, wird der Tonumfang kleiner und wenn ich die Lippen trocken mache, geht auch nichts mehr. Ich weiß nicht mehr weiter…
Medikamente mit dem Wirkstoff Isotretinoin sind recht beliebt bei von Akne geplagten, hellhäutigen jungen Männern, die sich auch von einer exorbitanten Liste mit zum Teil haarsträubenden Nebenwirkungen nicht abschrecken lassen. Zu den harmloseren Nebenwirkungen gehört leider auch das extreme Austrocknen der Haut, das mit einer übermäßigen Schuppenbildung einhergeht. Was bei normalen Menschen durch Hautcremes entschärft werden kann und einfach nur lästig ist, entwickelt sich bei blechblasenden Menschen zum existenzbedrohenden Desaster: die Lippen schälen sich permanent, auch üppigst dosierte Salben, Öle etc. tragen nicht zur Stabilisierung des Spielens bei. Letztlich kommt es einem so vor, als wolle man mit Flip-Flops das Matterhorn besteigen. Was kann man nun dagegen machen? Nichts – außer leidend abwarten, bis die Behandlung vorbei ist!
Ich bin seit über zehn Jahren Berufsmusiker (Trompete) und habe seit einigen Monaten Probleme mit der Ausdauer und dem Tonumfang. Mein Zahnarzt (auch Gesichtschirurg) meinte, dass die Asymmetrie meiner Gesichtsmuskulatur und eine Zahnfehlstellung die Ursache sein könnten. Was meinen Sie dazu?
Wie immer: In der Krise denkt man falsch! Wie konnten Sie denn in den vergangenen zehn Jahren trotz Ihrer vermurksten Physiognomie spielen? Die vermeintlichen anatomischen Unzulänglichkeiten, die Sie momentan als problematisch ansehen (Zähne, Lippe etc.), gab es doch genauso schon, als Sie noch spielen konnten (Clarino 11/2014). Vergessen Sie also ganz schnell diesen Blödsinn!
Auch die üblichen morphologischen Veränderungen, die nun einmal der Zahn der Zeit mit sich bringt, können nicht als Ursache herangezogen werden, da diese sich so langsam vollziehen, dass sie problemlos und automatisch kompensiert werden. Die Ursachen für Ihre Probleme können sich demnach nur in einem dynamischen und aktiven Teil des Spielapparats finden lassen. Wo genau, lässt sich natürlich aus der Ferne nicht klären. Erfahrungsgemäß sind aber die meisten problematischen Veränderungen, die letztendlich zu einer Krise führen, beim Atmen zu suchen (Clarino 5/2012).
Ich habe festgestellt, dass ich bei guten Instrumenten immer eine Materialvibration in der Hand verspüre, bei weniger guten aber nicht. Ist diese Beobachtung richtig?
Bei sehr leichten Instrumenten und/oder Instrumenten mit weniger dichten Ventilen verspürt man tatsächlich in der Haltehand beim Spielen minimale Vibrationen. Ob es sich dabei um eine Kausalität oder Korrelation (Clarino 11/2011) handelt, wage ich zu bezweifeln, viel eher handelt es sich wohl um eine Koinzidenz, die sich durch Ihre Erwartungshaltung zu einer Konditionierung weiterentwickelt hat, weil Sie grundsätzlich immer davon ausgehen, dass nur ein Instrument mit eben diesen sekundären Eigenschaften ein gutes Instrument sein könnte. Versuchen Sie bei der Beurteilung eines Instruments, sich immer zunächst nur auf die eher mess- und relativ vergleichbaren Parameter zu konzentrieren, bevor Sie Ihren Emotionen freien Lauf lassen (Clarino 12/2017).