Sein Leben kannte himmlische Triumphe und höllische Abgründe. Am Ende gab er die Zusammenfassung davon selbst – als Hauptdarsteller im Film “Round Midnight”. Wir erinnern an Dexter Gordon (1923 bis 1990), einen der großen Tenorsaxofonisten des Jazz.
Er solle endlich nach Hause kommen, sagte die Frauenstimme am Telefon. Sie sagte es nicht zum ersten Mal. “Die Leute in New York sollten hören, wie gut du bist. Es gibt da eine große Lücke, seit John Coltrane von uns gegangen ist. Du kannst helfen, sie zu füllen.” Die Frau am Telefon war seine Tourmanagerin. Sie wusste am besten, dass Dexter Gordon in Europa ein großer Jazzstar war. Fast 15 Jahre lang lebte er nun schon außerhalb der USA.
Aber auch davor schon war er ein Jahrzehnt lang in seiner Heimat nicht wirklich präsent gewesen – er hatte viele Jahre im Gefängnis verbracht, seines Drogenkonsums wegen. Die US-Justiz hatte geglaubt, an ihm ein Exempel statuieren zu müssen. Deshalb war er weggegangen – nach Europa. Hier wurde er gefeiert, hier machte er seine Schallplatten, viele Schallplatten. Doch in Amerika nahm man das kaum wahr. Die Älteren hatten ihn vergessen, die Jüngeren ihn noch nie gehört. “Komm endlich heim”, sagte die Frau am Telefon. “Der Tenorsax-Thron steht leer.”