Wood | Von Klaus Härtel

Unschlagbar! – Flöten »203B« und »204B« von Aidis

Sie kennen möglicherweise Aidis noch nicht? Und was tut man in der heutigen Zeit oft als erstes, um an Informationen zu kommen? Man fragt »Google.« Die Suchmaschine fördert immerhin 348 000 Ergebnisse zutage. Man erfährt dabei unter anderem, dass Aidis der Vorname des einigermaßen erfolgreichen litauischen Bahn- und Straßenradrennfahrers Aidis Kruopis ist. Interessant ist außerdem, dass Aidis freilebende Hirtenhunde im Atlasgebirge sind. Und auf einer Internetseite heißt es: »Aidis eignen sich als Begleithunde. Sie sind äußerst anpassungsfähig. Sie stellen keine großen Ansprüche, brauchen weder viel Platz noch besonders viel Auslauf. Aber sie wollen beschäftigt sein und etwas erleben.« Und jetzt wenden Sie diese Eigenschaften einmal auf die Schülerflöten an… Im Test jedenfalls haben die vorliegenden Modelle ziemlich gut abgeschnitten. 

A-I-D-I-S – »All I desire is Saxophone and Flutes« (etwa: Alles was ich begehre, sind Saxofone und Flöten) heißt es auf der Homepage des taiwanesischen Herstellers. Im Jahr 2000 wurde die Firma gegründet. Zunächst entwickelte man sechs Jahre lang Flöten und vor allem handgemachte Instrumente. In dieser Zeit holte man sich zur technischen Unterstützung auch Experten aus Deutschland, Japan und Frankreich in die Firma. Erst 2006 begannen die Instrumentenbauer, ihre Flöten zu vertreiben. »Unsere Flöten und handgemachten Flöten werden von vielen Marken akzeptiert«, heißt es im Firmenprofil. »In all unseren Flöten steckt unser Herzblut. Von den Basis­modellen bis hin zu den Flöten für Fortgeschrittene nutzen wir unsere Fachkompetenz, um jede Flöte einzigartig zu machen.« Auf drei Dinge kommt es Aidis besonders an: die Flöten produzieren lebendige Melodien, die das Herz bewegen; die Flöten sind mit bekannten Markenflöten vergleichbar; die Flötenklappen haben ein hochsensibles Ansprechverhalten. Ob die Aidis-Flöten tatsächlich das Zeug zu »Sammlerstücken« haben, wie die Firma meint, muss der Test entscheiden.
Der Redaktion lagen zwei Schülerflöten vor, die die Typbezeichnung »203B« und »204B« haben. Die Modelle sind baugleich, sie unterscheiden sich lediglich dadurch, dass die »203B« über geschlossene Klappendeckel und die »204B« über Ringklappen verfügt. Im Lieferumfang sind Putz­utensi­lien wie Putztuch (innen und außen) sowie ein Putzstab aus Holz enthalten. Die Flöte wird durch ein Holzetui geschützt, das ­wiederum in einer gefütterten Etuihülle verstaut wird. Für die Sicherheit der Schülerflöten ist also gesorgt.
Die Flöten sind ausgestattet mit E-Mechanik, vorgezogenem G und C-Fuß. Das Kopfstück, der Korpus und der Fuß bestehen aus Neusilber. Die Oberfläche ist versilbert. Der Stimmkork besteht aus Naturkork. Auch die Mechanik ist aus Neusilber versilbert. Der »204B« sind zudem noch fünf Gummistopfen für die Ringlöcher zugefügt. 
Ob man als Schüler geschlossene Klappendeckel oder Ringklappen verwendet, ist prinzipiell Geschmackssache. Beide Modifikationen haben duchaus ihre Vor­teile. Im Anfängerbereich und für Spieler mit kleinen Händen bzw. Fingern wird meistens auf ­Instrumente mit geschlossenen Klappen­deckeln zurückgegriffen, da hier die Töne einfacher zu greifen sind. Allerdings gibt es Lehrer, die ihre Schüler lieber auf Flöten mit Ringklappen lernen lassen, weil ­diese weniger Fehler verzeihen und von Anfang an eine saubere Technik erfordern. Fortgeschrittene Flötisten und Profis schwören auf Ringklappen, weil diese den Klang besser zur Entfaltung kommen lassen. Ringklappen erlauben ein schnelleres Ansprechverhalten. Und nicht zuletzt kann man mit den ­offenen Klappendeckeln schon bestimmte, fortgeschrittene Flötentechniken anwenden. Glissando, Multiphonics, Mikro­intervalle – allerdings allesamt nicht unbedingt Kriterien, die den Flötenanfänger ins Grübeln kommen lassen. Ein Muss sind Ringklappen auf jeden Fall nicht. 
Der Test der »203B«
Die Fingerpositionierung braucht etwas Eingewöhnungszeit, doch trotzdem empfindet der Tester den spontanen Wohlfühl­faktor als »gut«. Die Mechanik der »203B« erhält gute bis sehr gute Noten. Vor allem in puncto Dichtigkeit ist der Tester nahezu begeistert. »Die Polster decken perfekt«, schwärmt Matthias Rüdiger. Die Mechanik läuft gut, die Klappen sind sauber gelötet und verarbeitet. Als Dämpfer wird Naturkork verwendet, die Versilberung fällt positiv auf. »Die Federspannung ist gut eingestellt, womit sich der Gang der Klappen sehr angenehm anfühlt. Die Klappendeckel wurden nicht, wie üblich, gestanzt, sondern aus Vollmaterial gedreht. Das Polster sitzt somit auf einer völlig ebenen Fläche und deckt perfekt. Rüdiger: »Es fühlt sich beim Schließen einer Klappe sehr solide an – ähnlich wie bei handgemachten Solistenflöten.« Dem Tester fällt – völlig wertfrei allerdings – das relativ große Anblasloch auf. 
Negativ ist lediglich anzumerken, dass bei einigen (wenigen) Klappen leichtes Spiel besteht, was sich nach Jahren eventuell durch Klappergeräusche unangenehm bemerkbar machen könnte. Bei der F-B-Verbindung entdeckte der Tester einen »etwas toten Gang«. Zudem fühlt sich ein Tonlochrand – in der Stichprobe – etwas rau an. 
In Intonation und Ansprache erhält die »203B« die Bestnote »sehr gut«. Die Flöte besitzt einen warmen, runden Klang. Matthias Rüdiger attestiert dem Instrument zudem einen »schönen, durchsetzungsfähigen Ton«, der manchem Spieler in der mittleren bis oberen Lage »vielleicht schon etwas zu brillant« erscheinen könnte. Die Flöte verfügt über eine sehr leichte Ansprache in allen Registern. Vor allem die tiefe Lage lobt der Tester ausdrücklich. »Schlechte Töne« sind nicht vorhanden. 
Der Test der »204B«
Nach dem Testen der »203B« hatte sich der Tester auf eine Steigerung der schon sehr guten Flöte gefreut. »Ich war dann nach den ersten Tönen etwas enttäuscht«, gibt er zu. Was nicht bedeuten soll, dass die »204B« schlecht abgeschnitten hätte, aber so ganz mithalten konnte das zweite Instrument dann leider nicht. Auch die Mechanik der »204B« läuft gut, die Klappen sind sauber gelötet und verarbeitet. Als Dämpfer wird ebenfalls Naturkork verwendet. Auch die Versilberung bekommt wieder gute Noten. Negativ ist im Vergleich, dass die Polster eben nicht mehr perfekt decken – was in der Benotung aber immer noch ein »befriedigend« erhält. Auch das Klappenspiel ist ­etwas ausgeprägter als beim vorherigen Instru­ment und der »tote Gang« findet sich bei der E-Mechanik. 
Auch bei diesem Modell »204B« sind die Klappendeckel aus Vollmaterial gedreht, jedoch ist bei den Ringklappen die Lochkante weniger gerundet als bei anderen Flötenherstellern. Hier stellt der Tester die Frage, ob das vielleicht beabsichtigt ist, weil es für Kinderfinger hilfreich sein könnte? »Für manchen Musiker allerdings dürfte das unkomfortabel sein.« Die Polsterbefestigungen der Ringklappen sind aus Kunststoff statt Metall. 
Die Federspannung und der Klappengang sind wieder »sehr gut« und auch die Steckverbindungen sind »sehr gut eingepasst«, wie der Tester attestiert. In der Ansprache bekommt die »2o4B« ein »gut«, lediglich in der tiefen Lage »könnte sie etwas besser sein«. In Klang und Intonation kommt die Flöte immer noch »befriedigend« weg. Der Grund: der Klang erscheint »etwas rauschig« und das c2 ist leicht zu tief. 
Fazit
Die beiden Flöten von Aidis erhalten vom Tester durchweg gute bis sehr gute, mindestens aber befriedigende Noten. Vor allem die »203B« veranlasst den Tester zu großem Lob: »Die ›203B‹ ist eine sehr gut gelungene Einstiegsflöte, die auch für Fortgeschrittene geeignet ist. Diese Flöte ist in dieser Preisklasse (395 Euro) eine wirkliche Ausnahme, eigentlich unschlagbar.« Doch auch die »204B« ist – nach eventueller Einstellung durch den Fachmann – eine sehr gelungene Einstiegsflöte.