Andreas Ziegelbäck (Jahrgang 1997) steht wie viele seiner jungen Kollegen vor der Herausforderung, mit guten Stücken, seinen stilistischen Möglichkeiten und seiner Vielfalt gesehen zu werden und sich durch eifriges Arbeiten an seinen Kompositionen einen Platz auf den Programmen der Blasorchester und somit in den Konzerten zu erobern.
Noch befindet er sich, wie er selbst sagt, in einem Stadium als Komponist, in dem er noch sehr viel lernen möchte. Seine Ausbildung an der LMS Leonding “Ensembleleitung Blasorchester” sowie sein Bachelorstudium Musikerziehung und Komposition am Mozarteum in Salzburg genügten ihm nicht. Deshalb studiert Andreas Ziegelbäck seit September 2023 Blasorchesterdirektion und Komposition im Masterstudiengang an der Hochschule der Künste Bern HKB. Dieser Ausbildungsweg, der bei ihm noch nicht zu Ende ist, zeigt, dass er versucht, mit viel Arbeitseinsatz und Ehrgeiz immer besser zu werden, kreativ zu bleiben und seine Kompositionen weiterzuentwickeln.
Studieren, lernen und das Handwerk beherrschen, ist die eine Seite, wirklich Ahnung zu haben, was bei einer Komposition wirklich wichtig ist, eine andere. Durch seine jahrelange Erfahrung als Flötist im Blasorchester, unter anderem bei der Militärmusik Oberösterreich und als Dirigent, bei den Musikkapellen Laufen-Gmunden/Engelhof und Atzbach sowie des Bezirksorchesters Wels-Land (OÖ) gelingt es ihm sehr gut einzuschätzen, was im Zusammenspiel gut funktioniert und was nicht. Jahrelanger Austausch mit Instrumentalistinnen und Instrumentalisten über die Möglichkeiten auf ihrem Instrument führten dazu, dass er über Blas- und Schlaginstrumente sehr viel weiß.
Ein Stück muss interessant zu proben und zu leiten sein
Gerade wegen seiner Dirigententätigkeit achtet er beim Komponieren sehr genau darauf, dass das Stück interessant zu proben und zu leiten ist. Es ist ihm wichtig, dass die Abläufe in seinen Stücken für die Dirigentinnen und Dirigenten logisch sind, wenngleich es unterschiedliche Schwierigkeitsgrade hinsichtlich der Komplexität und formalen Strukturen gibt. Gerade im Amateurmusikbereich der Blasmusik ist es oft so, dass vor Auftritten sehr viel geprobt wird. Das Stück sollte aber eben dann auch für alle, die in der Probe sind, interessant und spannend sein, damit die Probenzeit nicht langweilig wird. Insbesondere bei der Instrumentation versucht er, die unterschiedlichen Register so einzusetzen, dass alle Musikerinnen und Musiker das Gefühl haben, etwas zum Gesamtklang des Stückes beizutragen.
Im Bereich der Bläsermusik hat Andreas Ziegelbäck zwei große Vorbilder, die gleichzeitig seine Lehrer waren bzw. sind. Thomas Doss, bei dem er seine Dirigierausbildung für Blasorchester (EBO) absolvierte, und Oliver Waespi, der nun sein Kompositionslehrer in Bern an der HKB ist. Beide Persönlichkeiten haben somit auch großen Einfluss auf sein Schaffen.
Einige Werke sind bereits verlegt
Einige seiner Blasorchesterwerke sind bereits verlegt, weitere beim Verlag Symphonic Dimensions in Vorbereitung. Mit seinem Werk “Bleak Forest”, einem leichten Werk für kleiner besetzte Blasorchester, hat er im Jahr 2022 den Kompositionswettbewerb des belgischen Musikverbands, VLAMO gewonnen. Die Militärmusik Niederösterreich spielte es ein und man kann es beispielsweise bei Spotify anhören.
Sein bisher bedeutendstes Werk schrieb er für den Musikverein Steinerkirchen (Oberösterreich): “Phenomenon”. Andreas Ziegelbäck zu diesem Werk: “Ich durfte im Jahr 2022 ein Wettbewerbsstück (Grad 5.5) für den Musikverein Steinerkirchen (Oberösterreich), in dem ich aufgewachsen bin, schreiben. Ich hatte hier die Möglichkeit, meine Wertschätzung gegenüber vielen Personen, die mich auf meinem musikalischen Weg von Beginn an begleitet haben, musikalisch auszudrücken. Dieses Stück mit dem Titel ›Phenomenon‹ wurde vom Musikverein dann beim Landeswettbewerb der Stufe E in Oberösterreich mit einem beachtlichen Erfolg aufgeführt.”
“Ich durfte in diesem Prozess auch die Proben begleiten und es war einfach ein wahnsinnig schönes Gefühl, meine besten Freunde und Freundinnen gemeinsam am Stück arbeiten zu sehen. Das Beste daran war aber, dass das Orchester ‘Phenomenon’ auch gern gespielt hat und ich den ein oder anderen beim Pfeifen der verschiedenen Themen nach der Probe ertappt habe. Das hat mich schon zum Grinsen gebracht. Nach der Aufführung beim Wettbewerb war einer meiner besten Freunde sogar den Tränen nah. Das berührt mich als Komponist sehr, wenn ich merke, welchen ‘Impact’ meine Musik auf andere Personen hat. Das Stück wird glücklicherweise auch demnächst veröffentlicht und so einem breiteren Publikum zugänglich.”
Besonders auch für Bläserklassen geeignet
Unter den veröffentlichten Werken ist auch “Jetstream” im Grad 1, das wegen seiner reduzierten Instrumentation besonders auch für Bläserklassen geeignet ist. Außerdem sind für Jugendblasorchester “Golden Fairytales” und “Young Symphonics” sowie eine festliche Fanfare “Festive Opening” im Grad 4 erhältlich.
Andreas Ziegelbäck hat seine Ziele als Komponist genau vor Augen. Er hat jedoch auch Wünsche und Hoffnungen.
An die Dirigentinnen und Dirigenten hat er den Wunsch, dass seine Werke wahrgenommen werden. Er wünscht sich von ihnen die Offenheit, sich seine Stücke zumindest einmal anzusehen und zu überlegen, ob es in das Programm und zum jeweiligen Orchester passt. Er hat aber auch den Wunsch nach einem gewissenhaften Umgang in der Erarbeitung eines Stückes.
Dazu Andreas Ziegelbäck: “Es gibt natürlich die persönlichen Interpretationen der musikalischen Leiter und Leiterinnen. Das ist gut und richtig und macht die unterschiedlichen Aufführungen ja auch zu etwas Besonderem. Ich bin aber etwas allergisch, unabhängig davon, ob es eines meiner Werke betrifft oder andere, wenn willkürlich Parameter, welche eigentlich in der Partitur festgelegt sind, verändert werden. Ich kann da auch gerne ein Beispiel nennen: Ich notiere in meinen Stücken die Tempi meistens (!) mit einer ›circa‹-Angabe, was den Dirigent:innen eine gewisse Freiheit zur persönlichen Gestaltung geben soll. Eine nuancierte Schwankungsbreite ist also erlaubt, jedoch sollte man dabei Fingerspitzengefühl walten lassen und nicht auf einmal beginnen, die Tempi grundlegend zu ändern.”
Blasmusikverbände können viele Dirigentinnen und Dirigenten und Musikvereine erreichen und somit gerade für junge Komponisten eine große Bedeutung haben. Andreas Ziegelbäck selbst konnte schon von einem Angebot der Bläserakademie Oberösterreich profitieren und einen Kompositionsworkshop bei Thomas Doss besuchen. Kompositionsworkshops, aber auch Veranstaltungen, die jungen Komponistinnen und Komponisten ein Podium zum Vorstellen ihrer Werke bieten, könnten flächendeckend viel öfters angeboten werden. Auch Kompositionswettbewerbe können junge Talente unterstützen.
Andreas Ziegelbäck wünscht sich Austausch
Andreas Ziegelbäck wünscht sich außerdem von den Blasmusikverbänden und auch von den Musikvereinen eine intensivere Bemühung um den Austausch zwischen Komponistinnen/Komponisten, Dirigentinnen/Dirigenten sowie Musikerinnen/Musikern: “Ich weiß, dass das vor allem über die Verbände schon oft passiert, aber die Musikvereine dürfen sich gerne an Komponisten und Komponistinnen persönlich wenden, wenn sie Informationen, Tipps oder einfach nur eine Einführung zu Stücken brauchen. Ich glaube, das ist spannend und würde auch den Mut der Musikvereine erhöhen, sich an neuere Kompositionen oder gar Uraufführungen heranzuwagen. Es gibt schon viele Dirigenten und Dirigentinnen, die das aktiv forcieren, aber ich halte es für eine große Stärke der Blasmusikszene, dass noch so viel neue Literatur entsteht und das sollte meines Erachtens auch so bleiben.”
Andreas Ziegelbäck hatte schon einige durchaus erfolgreiche Uraufführungen, aber dass ein Stück öfter auf den Programmen von verschiedensten Musikvereinen landet, kam bisher noch nicht so oft vor. Er hat schon oft darüber nachgedacht, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, junge Komponistinnen und Komponisten bei den Noten-Vertrieben präsenter zu platzieren oder eine Suchfunktion dafür einzuführen. Er kommt aber am Schluss seiner Überlegungen immer wieder zur selben Conclusio: “Ich möchte nicht, dass man mich aufgrund meines Alters spielt, sondern aufgrund der Qualität meiner Stücke.”
Porträt-Serie
Die jungen Komponistinnen und Komponisten brauchen Chancen. Sie müssen sich ausprobieren können. Und deshalb braucht es Möglichkeiten, dass ihre Stücke auch aufgeführt werden. Die Zeitschrift BRAWOO und die Autorin dieses Artikels möchten die Erneuerung der Blasorchester-Literatur unterstützen und mit einer Porträt-Serie dazu beitragen, dass junge Komponistinnen und Komponisten sichtbar werden. Damit sie hörbar werden, braucht es interessierte, mutige Dirigentinnen und Dirigenten sowie neugierige, offene Blasorchester.