Dass eine frühe musikalische Förderung positive Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung von Kindern hat, ist weitgehend anerkannt. Dass hier durch die Corona-Pandemie Defizite entstanden sind, die noch Jahre nachhallen werden, leider ebenfalls. Das Sinfonische Blasorchester Ludwigshafen möchte nun mit seinem ersten Kinderkonzert – am 21. April – seinen Beitrag leisten, seine kleinen Gäste wieder stärker ans Musizieren heranzuführen. Gelingen soll dies mit einem besonderen Konzept, bei dem die Musik mit Geschichten, Bildern und einem eigenen Konzertmaskottchen verbunden wird.
Ausverkaufte Konzerte von Blasorchestern kommen in der Laienszene eher selten vor. Umso überwältigter war der Orchestervorstand des Sinfonischen Blasorchesters Ludwigshafen Ende Januar, als er verkünden durfte, dass die immerhin 500 Plätze der Friedenskirche in Ludwigshafen für das am 21. April stattfindende Kinderkonzert bereits vergeben waren. “Die Geschwindigkeit, mit der die Tickets im Vorverkauf weggingen, hat uns riesig gefreut. Aber auch etwas überrumpelt”, sagt Florian Dejon, Marketingvorstand des Orchesters.
“Viele Werbemaßnahmen waren zwar geplant, aber noch gar nicht angelaufen und viele unserer Musikerinnen und Musiker hatten noch gar nicht daran gedacht, sich Karten zu besorgen. Es gab sogar eine Warteliste. Da mussten wir schon überlegen, wie wir reagieren.” Die Möglichkeit eines zweiten Konzertes stand im Raum, konnte aber organisatorisch nicht umgesetzt werden. Nach wenigen Wochen Stillstand konnte jedoch eine Lösung gefunden werden und der Vorverkauf weitergehen. “Dank der Unterstützung der BASF SE konnten wir das Konzert ins BASF-Feierabendhaus verlegen, das wesentlich mehr Platz bietet. Wir freuen uns nun sehr darauf, in diesem renommierten und überregional bekannten Konzertsaal gastieren zu können”, freut sich Dejon.
Frische Ideen bringen neue Herausforderungen
Bereits im vergangenen Jahr konnte das Orchester mit einem Crossover-Konzert mit barocker Musik und symphonischem Pop und Rock einen großen Erfolg feiern. Damals wurden gleich zwei ausverkaufte Konzerte in der Friedenskirche aufgeführt. “Wir haben die Gelegenheit genutzt und eine umfangreiche Publikumsbefragung durchgeführt, um herauszufinden, wer und wie alt unsere Zuhörerinnen und Zuhörer eigentlich sind und woher sie kommen”, erklärt Dejon die Vorgehensweise. “Dabei ist uns aufgefallen, dass der Anteil an jungen Erwachsenen oder gar Kindern sehr gering war.”
Die Überlegungen drehten sich also darum, wie diese Zielgruppe erreicht werden könnte und die Idee eines Kinderkonzertes stand schnell im Raum. Dabei erkannte der Vorstand mehrere Herausforderungen. Zwar sollte neues Publikum gewonnen werden, aber gleichzeitig das Konzert auch für das treue Stammpublikum interessant sein. Das Programm musste also genug Anspruch haben, auch die geneigten Zuhörerinnen und Zuhörer anzusprechen. Zudem besteht ein breites Angebot an Kinderkonzerten durch professionelle Sinfonieorchester in der Region. Folglich sollte sich das Konzept abheben, um neue Konzertgäste anlocken zu können. Außerdem stellte sich die Frage der Finanzierung, denn durch stark vergünstigte Kindertickets musste mit Einbußen bei den Einnahmen gerechnet werden. Aus der schnellen Idee eines Kinderkonzertes waren somit viele Fragezeichen entstanden.
Durchdachtes Gesamtkonzept
Zunächst hat Dorian Wagner, musikalischer Leiter des Ensembles, das musikalische Konzept zum Konzert entworfen. Das Programm sollte Kinder in besonderem Maße, aber eben auch Erwachsene ansprechen. “Als Basis schwebte mir eine akustische Führung durch das Orchester vor, wie sie beim berühmten Young Persons Guide to the Orchestra vorkommt.” Das Orchester realisiert diese Idee jedoch mit den Fantasy Variations von James Barnes. Zunächst sollen die unterschiedlichen Register des Orchesters und ihre Charakteristik vorgestellt werden, ehe sie ihre Variation der Melodie des Teufelsgeigers Paganini spielen. So lernen die kleinen und großen Gäste nach und nach alle Instrumente und ihre Klangfarben kennen. Doch die Musik sollte auch mit Geschichten verknüpft werden.
“Im symphonischen Bereich gibt es mehrere programmatische Standardwerke, die sich an Kinder richten. ‘Karneval der Tiere’ zum Beispiel, oder eben ‘Peter und der Wolf’. In der Blasorchesterliteratur sind solche Werke auf hohem Niveau schon seltener und auch nicht so bekannt, sodass wir hier bewusst auf eine Transkription zurückgreifen wollen”, erklärt Wagner, der das Orchester seit 2012 leitet. “Mit unserer Bearbeitung von ›Peter und der Wolf‹ von Sam Daniels haben wir eine wunderbare Fassung des Musikmärchens gefunden, die der Musikalität des Originals gerecht wird.”
Ergänzt wird das Programm durch Alfred Reeds Theater-Ouvertüre ‘Curtain Up!’ und das Shanty ‘Wellerman’, bei dem die jungen Gäste mitstampfen und mitklatschen dürfen. “Das Programm ist unterhaltsam genug für Kinder, aber auch anspruchsvoll genug für Erwachsene und unser Stammpublikum und diesen Spagat zu meistern war unser Ziel”, erklärt Wagner weiter. Dass dies geglückt ist, zeigt sich im bisherigen Kartenverkauf, der sich je zur Hälfte aus Kinder- und Erwachsenenkarten aufteilt.
Der Ohrwurm hört nicht bei der Musik auf
Doch ein gutes musikalisches Konzept würde nicht ausreichen, um sich von anderen Kinderkonzerten abzugrenzen und Aufmerksamkeit bei neuen Konzertgästen zu erzeugen. Begleitet wird das Konzert deshalb von vielen kleinen zusätzlichen Maßnahmen, um vor allem die kleinen Gäste durch Farben, Bilder und Geschichten abzuholen. “Wir haben unsere Plakate bewusst quietschbunt gestaltet, und auch unser Orchester wird beim Konzert sehr bunt aussehen. Die Register tragen Shirts in unterschiedlichen Farben, sodass sich die einzelnen Instrumente auch visuell deutlich abheben”, erzählt Dejon.
Auf dem Plakat fällt außerdem sofort ein lustig grinsender Wurm auf, der vom Seitenrand aus in das Motiv zu kriechen scheint. “Das ist unser Konzertmaskottchen Ludwig, der Ohrwurm. Benannt ist er natürlich nach unserem Orchestersitz, der Stadt Ludwigshafen am Rhein. Er wird in den Wochen vor dem Konzert unsere Social Media-Kanäle übernehmen und schon vorab lehrreiche Inhalte aus der Orchesterführung erzählen.”
Auch im umfangreichen Begleitheft zum Konzert wird der Ohrwurm eine große Rolle spielen, Instrumente mit Bildern vorstellen und immer wieder kleine Quizfragen stellen, damit die Kinder am Ball bleiben. Außerdem sind Postkarten mit Ludwig zum Mitnehmen und Ausmalen geplant. “Wir möchten unsere kleinen Gäste auch emotional einbinden, sie sollen Spaß haben und lachen. Es wäre toll, wenn manches Kind sogar den Wunsch bekommt, ein Instrument zu erlernen!”
Doch auch Kindern, die bereits Musikunterricht haben oder Bläserklassen besuchen, möchte das Orchester eine Perspektive aufzeigen. “Das ist auch ein wichtiger Unterschied zu Kinderkonzerten von professionellen Ensembles. Wir zeigen, dass es auch im Laienbereich Möglichkeiten gibt, diesem großartigen Hobby nach dem Verlassen von Bläserklassen und Jugendorchestern auf hohem Niveau nachzugehen. Die Botschaft ist klar: Macht weiter, denn es lohnt sich, am Instrument zu bleiben”, erklärt der musikalische Leiter.
Dank Förderung auch finanziell abgesichert
Schon jetzt sieht Ohrwurm nach einem gewaltigen Erfolg für das Orchester aus. Nach der erfolgreichen Konzertverlegung ins BASF-Feierabendhaus hat der Vorverkauf für das Konzert sofort wieder an Fahrt aufgenommen. Das zeigt, dass innovative, gut durchdachte Konzertkonzepte einen echten Mehrwert bringen können. “Wir möchten andere Vereine ermutigen, den gewohnten Trott zu hinterfragen, neue Ansätze gut zu durchdenken und mit viel Engagement umzusetzen – es kann sich lohnen, für die Musiker und das Publikum gleichermaßen.”
Das Konzertkonzept kommt dabei nicht nur beim Publikum gut an. Mit dem Programm konnte sich das Orchester eine Förderung durch das bundesweite Förderprogramm Amateurmusikfonds sichern. »Das war enorm wichtig, da die Einnahmen durch den Kartenverkauf aufgrund der sehr günstigen Kinderkarten weitaus geringer sind als bei unseren anderen Konzerten«, erläutert Dejon. Aktuell befindet sich das Orchester in den letzten musikalischen Vorbereitungen und die Vorfreude auf den Konzertnachmittag steigt. “Wir erwarten mittlerweile knapp 1000 Kinder und Kindgebliebene im Feierabendhaus”, freut sich Dirigent Dorian Wagner. “Und wir hoffen, dort mindestens genauso viele Ohrwürmer zu entfesseln.”
Das SBO Ludwigshafen
ist ein Liebhaberorchester, das Blasmusik als neues Klangerlebnis präsentieren will. Die 70 ambitionierten Musikerinnen und Musiker aus Ludwigshafen und der gesamten Rhein-Neckar-Region treffen sich wöchentlich zur intensiven Probenarbeit. Seit 2012 liegt die musikalische Leitung des Sinfonischen Blasorchesters Ludwigshafen bei Dorian Wagner. Das Orchester spielt jährlich drei Konzertprogramme. Mit dem Konzert im Frühling hat das Orchester 2017 eine viel beachtete neue Konzertreihe in der Friedenskirche Ludwigshafen gestartet. Das musikalische Highlight unserer Spielzeit stellt das Konzert im Pfalzbau dar, das im Herbst im Pfalzbau Ludwigshafen stattfindet und mehr als 600 Besucher aus der ganzen Metropolregion anzieht. Auch das Weihnachtskonzert in der Herz-Jesu-Kirche ist bereits zu einer festen Tradition der Ludwigshafener Musikszene geworden und wird seit 2018 auch in der Gedächtniskirche Speyer aufgeführt.
Infos und Termine: www.sbo-lu.de