Brass | Von Renold Quade

Fabrice Millischer an der Musikhochschule Freiburg

Millischer
Die Freiburger Posaunenklasse (Foto: privat)

“Nach über zwei Jahren Corona möchte ich einfach nur einmal sagen, dass wir alle zusammen wieder gemeinsam Musik haben müssen. Die Musik ist eine Kunst, die man vor allem miteinander teilen muss. Ich freue mich darüber, endlich wieder konzertieren zu dürfen. Und natürlich nicht nur ich. Und wir brauchen die Unterstützung der Musikliebhaber, Unterstützung, wie sie auch der ARD-Wettbewerb wieder genossen hat. Nach der letzten Zeit ist das wieder ein neuer Anfang von Karrieren. Nicht nur für Kris und Roberto beginnt sich sie Welt nun intensiver zu drehen, auch ich kann wieder mit Freude Ideen verwirklichen. Es ist so wichtig wieder Spaß bei Konzerten zu haben.” Ein stolzer und hochmotivierter Fabrice Millischer freut sich über den zu erwartenden frischen Wind unter den Flügeln. 

Seit 2013 ist er als Professor in der Musikhochschule Freiburg tätig und seit 2017 im Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Paris. “Ich freue mich immer noch wie am ersten Tag, jungen Posaunisten helfen zu können. Kris Garfitt ist zum Beispiel im Jahr 2015 in meine Posaunenklasse gekommen. Das war genau nach dem letzten ARD-Wettbewerb, den Michael Buchanan gewonnen hatte. Er kam, wie Kris, aus England. Und ich sagte zu Kris: ›Und das nächste Mal bist du mit dabei.‹ Und natürlich meinte ich das ernst. Ich wusste, da kommt was. Kris war bescheiden und antwortete: Nein, ich bekomme nie so ein Niveau. Sieben Jahre später scherzen wir über dieses Gespräch. Und als Lehrer ist es natürlich etwas sehr Schönes. In genau solchen Momenten weiß man, dass man diesen Beruf liebt.”

“Ja, und ich bin auch sehr stolz auf die Stimmung in meinen Posaunenklassen”

Genauso fühlt er auch für seine anderen Schüler. Der drittplatzierte Roberto de la Guia ist im dritten Semester Student in Freiburg und außerdem waren in Semifinale Gonçalo Nova, ebenfalls zurzeit in Freiburg und Thomas Mercat, ein Studienkollege aus der Zeit von Kris Garfitt. “Diese Ergebnisse freuen mich sehr, weil ich weiß, wieviel Zeit des Übens und Übens das bedeutet! Ja, und ich bin auch sehr stolz auf die Stimmung in meinen Posaunenklassen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir alle zusammen Fortschritte machen und alle gemeinsam einander helfen. Nur das bringt die besten Ergebnisse.”

Zurzeit studieren zwölf Posaunistinnen und Posaunisten in seiner Freiburger Klasse. Die Klasse ist, und sie war es schon immer, sehr international: Deutsche, Franzosen, Spanier, Engländer, Portugiesen, Polen, Chinesen, Japaner.

In jeder Woche gibt es mindestens einen Tag “Gruppenunterricht”. Da kommen alle zusammen, erarbeiten Grundlagen und Wam-ups, musizieren mit Klavierbegleitung und bilden Ensembles. An einem weiteren Tag gibt es Einzelunterricht für jeden individuell. Hier ist Zeit um ganz gezielt am Status quo und am Fortschritt zu arbeiten. “Alle zusammen, das ist eigentlich schon etwas Besonders. Da die Studenten aus unterschiedlichen Ländern kommen, ist es natürlich klar, dass alle ihre eigene Schule mitbringen und somit auch ihre eigenen speziellen Leistungsmerkmale, die dann von allen erlebt und diskutiert werden können. Dabei spielt hier dann nicht zuletzt eine gute Gruppenstimmung eine wichtige Rolle. Ich lege sehr großen Wert darauf, dass sich alle wohl und integriert fühlen, dass sie sich gut kennen, sowohl persönlich wie auch ‘posaunistisch’. Im Endeffekt können alle so nicht nur von und mit dem Lehrer lernen, sondern auch voneinander. Das funktioniert wie eine Mannschaft, wie eine Gruppe von Freunden, die ein gemeinsames Ziel haben: Fortschritte machen und Erfolg haben!”

“Das Spektrum in Freiburg ist sehr breit und das Niveau erfreulich hoch”

An der Musikhochschule Freiburg fühlt sich Fabrice Millischer sehr wohl. “Das Spektrum der dort zu studierenden Instrumente ist sehr breit und auch das Niveau im Allgemeinen erfreulich hoch. Das ist wichtig, damit etwa das Hochschulorchester auch ein anspruchsvolles Repertoire spielen kann. Und die Ergebnisse dort sehe ich sehr nah an einem Profiorchester. So können die Studenten schon früh starke Erfahrungen sammeln und den Beruf des Orchestermusikers nah an der Praxis erlernen. Wir haben auch das Glück, dass die Blechbläser-Abteilung mit vier Professoren, also Horn, Trompete, Posaune und auch Tuba, besetzt ist.

Millischer
Fabrice Millischer (Foto: Cedric Pinchon / unfougraphiste.com)

Ein Professor ist zudem für Blechbläser-Kammermusik mit im Team. Das ermöglicht unseren Studenten in der Regel mindestens zwei Projekte pro Semester und somit sehr regelmäßig Erfahrung in den verschiedensten Blechbläser-Formationen. Sehr viele Studenten meiner Klasse sind auch interessiert am Studium alter Musik (mit Zink und Barockposaune), oder aber auch an neuer, ernster Musik. Auch da ist die Musikhochschule Freiburg stark besetzt und somit können sie je nach Neigung ihr Studium sehr sinnvoll ergänzen und verfeinern. Natürlich möchten nicht alle Studenten ausschließlich Orchestermusiker oder Solisten werden. Sie streben bewusst und gezielt auch pädagogische Diplome an. Viele Wege können hier gut strukturiert beschritten werden. Ja, wir machen hier vieles möglich, damit die Studenten die beste Vorbereitung erhalten, um Karrieren in viele Richtungen starten zu können.”

Berufsmusiker zu werden, und diesen Beruf dann auch erfolgreich auszuüben zu können, war schon immer eine große Herausforderung. “Ich glaube, dass mein Ziel als Dozent an einer Musikhochschule sein muss, dass die Studenten später einen verlässlichen und zufriedenstellenden Beruf in Musikbereich ausüben. Die Musikhochschule und ich selber müssen alles dafür tun, genauso wie die Studenten: Sie müssen Enormes auf sich nehmen und sehr diszipliniert an sich arbeiten. Das bedeutet bei uns zu einem Großteil schlicht und ergreifend: üben, üben, üben. Und ganz wichtig ist das Vertrauen zwischen Studenten und Lehrer.”

“Es ist von großer Bedeutung, dass die Studenten bei der Auswahl ihres Hauptdozenten klug planen”

“Es ist von großer Bedeutung, dass die Studenten bei Auswahl des Studiums, des Studienortes, der Hochschule und vor allem der Auswahl ihres Hauptdozenten sehr klug planen. Das Studium dauert acht Semester für Bachelor, plus vier für Master. Das ist begrenzt und man darf nicht ein oder zwei Semester ‘verlieren’, weil man sich vielleicht nicht so sicher ist. Sie müssen gut überlegen, mit wem sie in der Zukunft studieren werden. Alle meine Studenten wussten schon vorher von meiner Unterrichtsweise. Sie haben sich entschieden zu mir zu kommen und ich bin sicher, dass dieses Bewusstsein schon eine große Rolle spielt. Genau das braucht es, um aus Vertrauen, Ratschlägen, Arbeit den bestmöglichen Erfolg zu entwickeln.”

Nicht nur für seine Studenten, auch für sich als innovativer Posaunist ist Fabrice Millischer voller Pläne und bereitet neue eigene Projekte vor. Mit seinem Freund Vincent Felly gibt es bald ein Duett “Fab & Vince”. Sie präsentieren einen Mix aus vielen Künsten (Musik, Tanz, Video) gemischt aus vielen Stilen (Klassik, Jazz, Pop, Elektro) und vielen Instrumenten (Posaune, ­Cello, Piano, Gesang, Pipe, Keyboard). Dazu ein dramaturgisches Konzept mit Licht, Dialogen und natürlich auch mit Humor. Die Premiere wird am 18. Februar 2023 im Auditorium des Conservatoires in Luxembourg sein.

Pläne für 2023

Das “Millischer Trombone Quartett” zusammengesetzt aus (ehemaligen) Studenten, mit Kris Garfitt und Roberto de la Guia an den Tenorposaunen und Pierre Campenon als Bassposaunist, hat seine Premiere vor kurzem in Paris gehabt. Millischer besucht Japan im November und im kommenden Jahr Mexico und die USA. Beim “Lille Trombone Festival” in Frankreich im April 2023 freut man sich auf eine Uraufführung, ein Werk von Steven Verhelst für Posaunenquartett und Blasorchester. 

Das Jahr 2023 verspicht aber noch einige Höhepunkte mehr für “Prof. Millischer”, der den Titel mit allen Ehren trägt und ausfüllt, ihn aber nur selten gezielt benutzt. Kein Wunder, das große Energie und großer Tatendrang aus ihm nur so heraussprudeln. Es erwarten ihn im nächsten Frühjahr Ehrungen von der Michel Becquet International Trombone Competition und vom International Trombone Competition des Prager Frühling. Und da sind wir wieder bei seiner Botschaft: “Wir müssen wieder alle zusammen Musik haben!”