Orchestra | Von Klaus Härtel

Österreichs Blasmusik darf wieder proben und auftreten

Musikkapelle
So voll wie hier bei der Trachtenkapelle Ebene Reichenau wird es am Anfang noch nicht - aber Österreichs Blasmusik atmet auf!

Die Österreichische Blasmusik atmet auf. Mit einer Novellierung der “COVID-19-Lockerungsverordnung” des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die mit Freitag 29. Mai 2020 in Kraft tritt, werden nun Proben im Amateurbereich und auch kulturelle Veranstaltungen mit Publikum ermöglicht. Diese Verordnung gilt vorerst bis 31. August 2020. Wir sprachen darüber mit Roman Gruber, Dirigent und Geschäftsführer des Salzburger Blasmusikverbandes.

Herr Gruber, ab 29. Mai dürfen die österreichischen Blaskapellen endlich wieder loslegen. Ganz generell: Wie ist Ihr Gemütszustand?

Nach nervenraubenden Wochen auf dem (gefühlten) Abstellgleis herrscht jetzt sowas wie eine Aufbruchsstimmung – die Musikvereine wollen unbedingt zurück in den Spielbetrieb! Ich denke, dass nun der Optimismus überwiegt und der Probenbetrieb sehr schnell wieder aufgenommen wird. 

Wie kam es dazu? Wie konnte die “Blasmusiklobby” die Politik überzeugen? Wer war federführend beteiligt?

Schon seit Wochen kam ein immer größer werdender Druck von der Basis – sprich von den Musikvereinen. Funktionäre machten sich Sorgen um den Fortbestand ihrer Vereine, Musikerinnen und Musiker hatten schon “Entzugserscheinungen” was das gemeinsame Musizieren anbelangt. Das soziale Miteinander im Vereinsgefüge fehlt gewaltig. So stieg auch der Druck auf die Blasmusikverbände, die diesen dann an die zuständigen Politiker weitergaben.

Dazu vernetzen sich die Blasmusikverbände mit anderen Interessensvertretungen (etwa dem Österreichischen Musikrat) und betrieben “Lobbying”, um möglichst geschlossen zur Politik hin auftreten zu können. Nach sehr mühsamen Wochen konnte nun in den letzten Tagen ein Durchbruch erreicht werden, ab 29. Mai können unter entsprechenden Voraussetzungen wieder Aktivitäten – Proben und Veranstaltungen – aufgenommen werden.

Federführend war sicher der Österreichische Blasmusikverband (ÖBV), der hier sehr professionell und  mit dem nötigen Durchhaltevermögen die Interessen der Blasmusikvereine vertreten hat. Auch einzelne Landesverbände haben sich nach ihren Möglichkeiten eingebracht und so stetig auf die Anliegen der Musikkapellen hingewiesen. Allen, die sich so sehr für die Interessen unserer Blasmusikszene in Österreich eingesetzt haben und das auch noch immer tun, muss ein ganz großer Dank ausgesprochen werden – wir können uns wirklich glücklich schätzen, von den Blasmusikverbänden so gut und professionell unterstützt und vertreten zu werden!

Welche Maßnahmen müssen nun von Vereinsseite getroffen werden, damit man proben darf?  

Dazu wurden vom ÖBV entsprechende Merkblätter und Checklisten aufbereitet, um den Vereinen eine Hilfestellung zur Umsetzung der Maßnahmen an die Hand zu geben. (Dabei ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Auch die allgemeinen Hygienevorschriften sind einzuhalten. Es werden ähnliche Dinge umgesetzt, wie sie Prof. Spahn im Interview auch für Deutschland empfiehlt; d. Red.) Die Details sind auf der Website einsehbar.

Was bedeutet das für Auftritte? Die werden nun stufenweise zugelassen, richtig? 

Ja genau, es gibt einen Stufenplan für die Umsetzung von Veranstaltungen – auch dazu finden sich die Infos und Verlinkungen auf der Homepage des ÖBV.

Zunächst gilt die Erlaubnis für Veranstaltungen mit 100 Personen. Wenn eine Kapelle 50 Musiker hat, dürfen dann nur 50 Zuschauer kommen?

Nein, es dürfen 100 Zuschauer kommen. Laut Verordnung des Ministeriums werden die Musiker/Künstler nicht zur Obergrenze hinzugezählt.

Und was müssen Besucher dieser Veranstaltungen beachten? 

Abstands- und Hygieneregeln stehen an erster Stelle. Auch das ist in der Verordnung des Ministeriums genau geregelt – die Infos sind auch den Merkblättern und Checklisten des ÖBV zu entnehmen.

Wie fällt Ihre persönliche Bewertung der Lockerung aus?

Ich schätze, dass uns – zumindest aus Salzburger Sicht – auch das Thema Tourismus geholfen hat, um nun doch sehr schnell zu diesen Lockerungen zu kommen und so die Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit für den Sommer ermöglicht wird. Salzburg ist eine touristisch geprägte Region, in der die ca. 40.000 Menschen, die in volkskulturellen Vereinen (Musikapellen, Chören, Trachten- und Heimatvereinen etc.) vernetzt sind, eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Und das ist den zuständigen Politkern wohl bewusst, dass wir uns gegenseitig brauchen. 

Ein ganz wichtiges Signal war auch die Ankündigung, dass die “Salzburger Festspiele” im August stattfinden – auch das hat sicher positiv für die Umsetzung unserer Anliegen beigetragen.

Alles in allem kann man wohl sagen, dass wir in vielerlei Hinsicht “systemrelevant” (welch unschönes Wort) sind – und es ist gut zu spüren, dass die zuständigen Politiker dazu stehen.

Salzburger Blasmusikverband
Roman Gruber, Dirigent und Funktionär.