Brass | Von Klaus Härtel

Paul Halwax und The Philharmonic Brass

Philharmonic Brass
Foto: BTMorrison

Das Ensemble nennt sich “The Philharmonic Brass” – ein Name, der nicht nur Programm ist, sondern auch Verpflichtung und der das Bekenntnis zum beständigen Ringen um höchste Qualität beinhaltet. Zwanzig Mitglieder der Berliner und Wiener Philharmoniker begeben sich auf Entdeckungsreise: Bach, Dvořák, Schostakowitsch, Williams und Co. erklingen auf diesem kursorischen “Streifzug durch die Musikgeschichte” in noch nie gehörten Arrangements. “Ouverture!” heißt das Album, dessen Veröffentlichtung für den November anvisiert ist. Wir trafen den Tubisten der Wiener Philharmoniker, Paul Halwax.

Ricardo Muti saß beim Debüt-Konzert von “The Philharmonic Brass” im Goldenen Saal in Wien in der ersten Reihe. Und das Urteil eines solch renommierten Dirigenten, den mit den Wiener Philharmonikern seit Jahrzehnten eine enge Zusammenarbeit verbindet, ist einem nicht ganz unwichtig. Paul Halwax zitiert den Maestro: Der habe noch nie Blechbläser gehört, die so ausbalanciert gespielt hätten. Und Ricardo Muti hat schon einiges gehört. Während des Konzerts in Wien, erinnert sich der Tubist, habe Muti das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Von da an spielte es sich noch entspannter. 

Wir treffen den Tubisten zu einer Runde Golf auf der Neun-Loch-Anlage in Salzburg-Klessheim. Es ist sonnig und unglaublich heiß. “Bei dem Wetter spielen nur die Verrückten”, findet Paul Halwax und lacht. Tubisten sind schließlich, wie die Torhüter beim Fußball, immer ein bisschen besonders – so behauptet das Klischee.  

Paul Halwax spielt Golf

Paul Halwax schwärmt vom Golfsport. Nicht, weil er ein ehrgeiziger Sportler wäre, dem sein Handicap das allerwichtigste wäre. Ist es nämlich nicht, er hat noch nie ein Turnier mitgespielt. Nein, er schwärmt vom Golfsport, weil er bei dieser Tätigkeit Ruhe und Gelassenheit findet. Das sei ein großer Vorteil im Vergleich zur Musik, findet der Tubist. “Golf ist für mich bisweilen  auch eine Flucht vom Alltag”, lacht der 49-Jäh­rige. Was dem Hobbygolfer auch aufgefallen ist: Man kann gönnen. “Jeder Golfer freut sich mit seinen Mitspielern, wenn denen ein guter Schlag gelingt.” Das sei eine Eigenschaft, die in der Musik schon auch mal zu kurz komme. 

Immer, wenn sich auf Tour die Gelegenheit ergibt, spielt Paul Halwax mit Kollegen eine Runde Golf. Zur Entspannung, zum “Runterkommen”. Und doch findet der Musiker zahlreiche Parallelen zwischen Golf und seinem Beruf. “Das wichtigste ist ja die Konzentration”, findet der Tubist. “Genau so wenig, wie man ‘nebenbei’ eine Runde Golf spielt, spielt man ‘nebenbei’ ein Konzert.” Man müsse stets konzentriert bleiben, damit der nächste Schlag, damit auf der Tuba die nächste schwierige Sequenz sitzt. “Beim Golfen muss die Technik sitzen und auf den Punkt abrufbar sein. Das ist beim Musizieren ganz genau so.” Paul Halwax ist sich sicher, dass Golfspielen auch seinem Tubaspiel hilft. 

Und man kann natürlich auf einer 9-Loch-Runde wunderbar über Musik sprechen. Über “The Philharmonic Brass”, über das kommende Album, über die Motivation, so etwas zusätzlich zum “Dienst” überhaupt noch auf sich zu nehmen. Denn dass ein solches Projekt auch aus einer gehörigen Portion Idealismus entstanden ist, macht Paul Halwax deutlich. Eine Gage für die Musiker gab es nämlich keine. Und ob man mit dem Verkauf von Tonträgern heute noch das große Geld verdient? Die Motivation war hier sicher eine andere.

Paul Halwax
Paul Halwax (Foto: BTMorrison)

Idee von Matthias Höfs und Paul Halwax

Aber der Reihe nach: Die Idee zu diesem Projekt hatten Paul Halwax und Matthias Höfs in einem Telefonat. Man habe schlichtweg “etwas” zusammen machen wollen. Schnell wurde klar, dass man einerseits irgendwo in der Tradition des Philip Jones Brass Ensembles aktiv werden würde, aber sich andererseits auch von German Brass unterscheiden wollte, wo Matthias Höfs ja seit 1985 wirkt. 

Wie es der Zufall wollte – vielleicht war es auch von langer Hand geplant? – hatte Matthias Höfs bereits Repertoire-Ideen für das Ensemble und passende Arrangements parat. Als dann die Berliner Philharmoniker im Februar 2022 mal auf einer Tournee in Wien Halt machten, wurde ausprobiert. Mit diesen Proben sind dann wohl die letzten Zweifel an diesem Projekt beseitigt gewesen, denn knapp vier Monate später fanden die CD-Aufnahmen in den Berliner Teldec-Studios statt. Die Besetzung liest sich spektakulär – und spektakulär ist die Musik. 

Die Mitglieder von “The Philharmonic Brass” sind an den Trompeten Matthias Höfs, André Schoch, Helmut Fuchs, Jürgen Ellensohn, Christian Höcherl, Hannes Läubin, Matthias Kernstock. Horn und Wiener Horn spielen Alessio Allegrini, Sarah Willis, Jan Jankovic und Lars Michael Stransky. Die Posaunen sind besetzt mit Enzo Turriziani, Keltin Koch, Johannes Ettlinger und Johann Ströcker, Tuba spielen Alexander von Puttkamer und Paul Halwax. Für Percussion konnten Thomas Lechner, Johannes Schneider Jan Schlichte und Franz Schindlbeck gewonnen werden.

Hohes Maß an Idealismus und Begeisterung

Wer die organisatorischen Hürden kennt, die jedes aus Mitgliedern ein- und desselben Orchesters bestehende Kammerensemble, vom Streichtrio bis zum Bläseroktett, meistern muss, um die für Proben, Konzerte und Gastspiele notwendigen Zeitfenster zu finden, kann erahnen, welche Arbeit es bedeutet, ein 20-köpfiges Ensemble zusammenzustellen, dessen Mitwirkende fünf Orchestern und drei Musikhochschulen angehören. Der dafür notwendige Aufwand erfordert neben organisatorischem Geschick ein hohes Maß an Idealismus und Begeisterung. Und tatsächlich sind eine ganze Reihe an Konzerten geplant. Musikliebhaber in Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien und Griechenland dürfen sich schon freuen (siehe Kasten), wenn die Begeisterung von der Bühne überschwappt.

Diese Begeisterung, die Liebe zur Musik ist wohl die Hauptmotivation der Protagonisten dieses Projekts. Und diese möchte man weitergeben und den Nachwuchs fördern.  

Das Education Programm

Die Mitglieder von The Philharmonic Brass fühlen sich nämlich verpflichtet, jungen Menschen als Vorbild und Ansporn zu dienen, ihre Ausbildung zu fördern und sie als Mentoren auf dem anspruchsvollen, gelegentlich auch entbehrungsreichen Weg in das Berufsleben zu begleiten. “Wir wollen unsere Freude an der Musik, die wir uns ungeachtet der hohen Anforderungen des internationalen Konzert-‘Betriebs’ bewahrt haben und die uns dazu inspiriert, durch beständiges Üben an der Vervollkommnung unseres Könnens zu arbeiten, an hochbegabte junge Menschen weitergeben”, heißt es von den Initiatoren. Den Musikern ist es “gleichermaßen Verpflichtung wie Herzensanliegen, in Kooperation mit ‘prima la musica’ und ‘Jugend musiziert’ die jüngsten Musiker und Musikerinnen in Österreich und Deutschland durch Sonderpreise und kostenlosen Privatunterricht zu unterstützen”.

Auf einer nächsten Ebene werden ausgewählte junge Menschen durch gezieltes Coaching auf Wettbewerbe und Probespiele vorbereitet, wobei Stipendien es ihnen ermöglichen, sich auf ihr Studium und ihre Weiterentwicklung am Instrument zu konzentrieren. “Wir sind dankbar, dass Riccardo Muti und Tugan Sokhiev zugesichert haben, die Schirmherrschaft für das Jugendförderprogramm von The Philharmonic Brass zu übernehmen, das durch einen Teil unserer Gagen, durch Spenden, Sponsoring und Fundraising finanziert werden soll und auf der eigenen Freude an der Musik und der Begeisterung unseres Publikums aufbaut.”

Ob die “Festive Overture” von Dmitri Schostakowitsch, die “Cuban Overture” von George Gershwin, die Ouvertüre aus “La forza del destino” von Giuseppe Verdi, die “Carnival Overture” von Antonín Dvořák oder Filmmusiken aus ET, Jurassic Park und Star Wars – die Musik ist so schlüssig und überzeugend arrangiert und instrumentiert und mit einer solchen Perfektion ausgeführt, dass man nicht darüber nachdenkt, dass sie nicht für diese Instrumente geschrieben sein könnte. 

Und vor allem sprüht sie vor Begeisterung. Begeisterung, die Paul Halwax auch bei der Golfrunde geradezu vorlebt. Damit man das nachvollziehen kann, loggt er sich schnell ins WLAN des Sekretariats ein – und verschickt die Dateien via “AirDrop”. Die Heimfahrt im Auto wird eine klangvolle.

Termine für 2024 

25.04. AT-Raiding

26.04. AT-Raiding

27.04. AT-Graz Musikverein

28.04. AT-Salzburg Großes Festspielhaus

19.05. I-Ravenna Teatro Alighieri

20.05. AT-Klagenfurt

06.07. GR-Athen

07.07. Rheingau Musik Festival

08.07. F-Colmar

09.07. AT-Innsbruck