Wood | Von Klaus Härtel

Timothy McAllister hat das letzte Wort

Die CLARINO-Serie »Sie haben das letzte Wort« ist zwar in Interview-Form gehalten, sie soll aber einmal ­andere Fragen beinhalten, als man sie aus »normalen« Interviews kennt. Durch ungewöhnliche und nicht alltägliche Fragen will die Redaktion Neues vom Künstler erfahren. Die Fragen beginnen immer gleich. Wir sind gespannt auf nicht immer gleiche Antworten.

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich gewünscht haben, einen »richtigen Job« gewählt zu haben?
Vermutlich war das, als ich letztens einen Freund in New York City besucht habe. Er ist heute Jurist und war mal ein professioneller Fagottist. Als ich sein neues Leben in New York mitbekommen habe, wurde ich schon ein bisschen neidisch.

Wann war das letzte Mal, dass Ihnen die Unterschiede zwischen amerikanischer und europäischer Mentalität gewahr wurden?
Jedes Mal, wenn ich nach Europa reise. In Europa gibt es solch eine tiefe Anerkennung für Kunst und Kultur. Die Geschichte der westlichen Zivilisation liegt wortwörtlich direkt vor deiner Haustür, wenn du in Europa lebst.

Wann war das letzte Mal, dass Sie da­rüber diskutiert haben, ob das Saxofon ein ernstzunehmendes Instrument in der Klassik ist – und nicht nur im Jazz?
Das passiert öfters in Interviews. Als Saxofonprofessor unterrichte ich natürlich täglich das Instrument als ein ernstzunehmendes klassisches Instrument. Ich arbeite ­jeden Tag daran – wie ein Missionar –, das Saxofon als ein ehrenwertes Mitglied der »klassischen Gemeinschaft« anzupreisen.

Wann war das letzte Mal, dass Sie Ihre Albert-A.-Stanley-Medaille poliert haben?
(lacht) Nun, als ich das letzte Mal umgezogen bin, habe ich sie aus der kleinen Schachtel genommen und etwas Staub abgewischt. Dies ist eine hübsche Auszeichnung der University of Michigan, die an einen der ersten Dekane der School of Music er­innert. Die Medaille selbst zeigt Stanleys Profil – sie sieht aus wie eine große Münze.

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich mit einem Dirigenten gestritten haben?
Ich kann nicht sagen, dass ich das jemals gemacht hätte. Denn mit Sicherheit kennen die ihr Material. Wenn ich mal schneller oder langsamer spielen möchte, versuche ich, überzeugende Argumente zu liefern. Normalerweise bin ich sehr pflegeleicht. 

Wann war das letzte Mal, dass Sie mit John Adams auf dessen »Saxophone Concerto« angestoßen haben?
Zuletzt haben wir das in Milwaukee, Wisconsin nach einer Aufführung des »Con­certo« mit Edo de Waart und Milwaukee Symphony getan. Es hatte gepasst, dass wir uns dort auf ein Bier trafen, denn ­Milwaukee ist fast hauptsächlich dafür bekannt, eine US-amerikanische Bierbrauerstadt zu sein.

Wann war das letzte Mal, dass Sie wünschten, lieber die Trompete statt des Saxofons gewählt zu haben?
Immer wenn ich Christopher Martin höre, den Solotrompeter von Chicago Sym­phony, wenn er die »Promenade« aus Mussorgskys »Bilder einer Ausstellung« spielt. Abgesehen davon bin ich überaus glücklick, dass ich mich für das Saxofon entschieden habe.

Wann war das letzte Mal, dass Sie geweint haben?
Vermutlich gestern. Wenn ich Disney-Filme mit meiner drei Jahre alten Tochter anschaue, werde ich sentimental. 

Wann war das letzte Mal, dass Sie im Lake Michigan gebadet haben?
Das habe ich nun wirklich noch nie gemacht. Er ist schlicht viel zu kalt!

Wann war das letzte Mal, dass Sie etwas Verbotenes getan haben?
Ich bin ein gesetzestreuer Bürger. Allerdings bin ich bekannt dafür, dass ich hier und da mal ein paar Knöllchen wegen zu schnellen Fahrens gesammelt habe. 

Wann war das letzte Mal, dass Sie mit ­einem Blasorchester gespielt haben?
Das letzte Blasorchester, mit dem ich als Solist aufgetreten bin, war die Northshore Concert Band aus Chicago. Sie wird von Mallory Thompson dirigiert und ist eine der besten in den Vereinigten Staaten.

Wann war das letzte Mal, dass Sie Barack Obama getroffen haben?
Ich habe unseren Präsidenten noch nie getroffen – würde ich aber gerne mal!

Wann war das letzte Mal, dass Sie wünschten, in der Zeit von Adolphe Sax geboren zu sein?
Ich werde ständig an die Bedeutung seiner Arbeit erinnert. Die Zeit, in der er lebte, war mit den großen Erfindungen und Innovationen sehr ergiebig für alle Blasmusiker. Ich fände es spannend, wenn Komponisten wie Brahms gewusst hätten, wie das Saxofon klingen kann. Natürlich hätte ich gerne mal für Brahms und seine Zeitgenossen gespielt. 

Wann war das letzte Mal, dass Sie einen Kollegen beneidet haben?
Ich versuche, das zu vermeiden. Es ist ganz natürlich, dass man sich mit anderen vergleicht, doch ich denke, wir arbeiten alle zusammen im Bereich der Musik für die ­selben Zwecke. Ich versuche, die Erfolge meiner Kollegen zu unterstützen – und ich hoffe, dass sie das auch für mich tun.