Brass | Von Klaus Härtel

Moop Mama haben das letzte Wort

Moop Mama
Foto: Felix Pitscheneder

Die Serie “Sie haben das letzte Wort” ist zwar in Interview-Form gehalten, soll aber einmal andere Fragen beinhalten als man sie aus “normalen” Interviews kennt. Durch ungewöhnliche und nicht alltägliche Fragen will die Redaktion Neues von Moop Mama – von Martin Hutter, Menzel Mutzke (beide Trompete) und Peter Palmer (Posaune) erfahren.

Wann war das letzte Mal, dass ihr einen Live-Gig hattet?

Martin Hutter: Das war Mitte Dezember 2019 auf unserer letzten Tour in der Schweiz in Bern. Das war das letzte Mal, dass wir musikalisch zusammen auf der Bühne waren…

Wie sehr zehrt das an den Nerven, dass man nicht raus darf? Wie sehr juckt es in den Fingern?

Martin Hutter: Es kribbelt unfassbar, weil wir das Live-Gefühl brauchen. Ich merke immer, wenn wir gemeinsam Musik machen, dass mich das beruhigt. Das ist gefühlt wie eine ­Therapie. Und das Live-Gefühl von Moop Mama ist ja wirklich etwas ganz Besonderes – nicht nur für den Zuhörer, für uns ganz genauso.

Dass die Pandemie auch ihre guten Seiten hat, weil man mal zur Ruhe kommt, stimmt für euch eher nicht?

Peter Palmer: Das kann man nicht pauschal beantworten. Mein Onkel hat immer gesagt: “Es gibt keinen Schaden, wo kein Nutzen dabei ist.” Natürlich wäre es uns allen lieber gewesen, die Pandemie wäre nicht passiert. Aber trotzdem gibt es Dinge, die dadurch angeschoben wurden. Wir haben zum Beispiel schon ewig geplant, Noten unserer Stücke herauszubringen. Das haben wir jetzt gemacht, wir hatten die Zeit dafür. Aus der Notwendigkeit haben wir unser Homerecording so weit perfektioniert, dass wir schon ganz gute Vorproduktionen oder Demos hinbekommen. Aber unterm Strich muss man natürlich auch sagen, es wäre uns allen lieber gewesen, der Plan wäre so aufgegangen, wie wir ihn vorher hatten.

Wann war denn das letzte Mal, dass ihr beim Stagediving kurz vor der Landung schweißgebadet aus dem Traum aufgewacht seid?

Menzel Mutzke: Ich habe noch nie vom Stagediving geträumt. Die Vorstellung wäre ja wirklich tödlich, mit der Trompete in die Menge zu springen. Dann wäre der Ansatz für immer gestorben. Das überlassen wir unserem Sänger Keno.

Das Interview fand via Videoschalte statt.
Wann war das letzte Mal, dass ihr euch gewünscht habt, in einem Spielfilm mitzuspielen und welcher war das?

Peter Palmer: Das wäre so etwas wie “Star Wars“, “James Bond” oder “Ocean’s Eleven” gewesen. Genau. 

Aber dann schon die Hauptrolle, oder?

Peter Palmer: Bei “James Bond” natürlich schon, klar. (alle lachen) Bei “Star Wars” wäre ich auch mit irgendwas Kleinerem zufrieden gewesen. Irgendwas Relaxterem. R2D2!

Wann war das letzte Mal, dass ihr erklären musstet, wer sich den Namen Moop Mama ausgedacht hat und was er eigentlich bedeutet?

Martin Hutter: Diese Frage bekommen wir meistens in ­Interviews. Und immer am Merchandising-Stand. Da passiert es eigentlich so gut wie jeden Abend, dass man das erklären darf. Das dürfte also zuletzt auf der Tour 2019 gewesen sein.

Oder in diesem Interview…

Peter Palmer: In der Gründungsphase waren wir auf der ­Suche nach einem Namen. Anfangs hatten wir lautmalerisch einfach “Moop” als Arbeitstitel. In einer der ersten Arbeitsphasen haben wir bei einer älteren Dame – die hat ein sehr großes Haus – wohnen und proben dürfen. Am Abend saßen wir beim Essen und haben erzählt, dass wir im Moment “Moop” heißen. “Dann bin ich ja eure Moop Mama”, hat sie scherzhaft geantwortet. Und so kam es dann dazu.

Bei euch steht die gute Laune im Vordergrund. Aber wann war das letzte Mal, dass ihr so richtig sauer wart?

Peter Palmer: Persönlich schaffen es eigentlich nur meine Kinder, mich richtig sauer zu machen (alle lachen). Aber natürlich auch umgekehrt… In der Band war ich so richtig sauer noch nie. Frustriert passt da vielleicht eher. Im März letzten Jahres sah es so aus, dass im Frühjahr 2021 wieder etwas passiert. Man macht seine Pläne und dann klappt es wieder nicht. Das ist frustrierend, aber sauer wäre zu viel gesagt. 

Wann war das letzte Mal, dass ihr quergedacht habt?

Peter Palmer: Gar nicht. Es ist bestimmt nicht alles super ­gelaufen vonseiten der Politik. Gerade die Kulturbranche müsste viel zielgerichtetere Förderungen erhalten. Aber in der Verbindung mit den Querdenkern sehen wir uns gar nicht und möchten damit auch in keinster Weise in Verbindung gebracht werden. Das ist auch die falsche Antwort auf die Pandemie. Das ist ja das Dilemma: Auf der einen Seite versteht man die Maßnahmen. Auf der anderen Seite fragt man sich: “Ja, okay, aber wovon soll ich dann leben?” Diese Querdenker-Szene ­sehen wir – ich glaube, da kann ich schon auch für die ganze Band sprechen – als Respektlosigkeit gegenüber den Opfern und den Leuten, die zahllose 24-Stunden-Schichten im Krankenhaus schieben. Da muss man schon ein bisschen den Kopf einschalten.

Wann war das letzte Mal, dass ihr ein Restaurant verlassen habt, weil die Musik so schlecht war?

Menzel Mutzke: Kennst du die Geschichte von Peter Herbolzheimer? Der war mit der ganzen Band beim Griechen. Und er fand die Musik so schrecklich, dass er den Chef gefragt hat, ob man die ausmachen könnte. Der meinte dann: “Keine Chance. Das ist meine CD-Sammlung, die läuft hier halt.” Dann hat Peter Herbolzheimer ihm 500 Mark ange­boten, um ihm die CD-Sammlung abzukaufen. Und dann hat er die vor dessen Augen in den Mülleimer geworfen – dann war Ruhe für den Abend. 

Wann war das letzte Mal, dass ihr gesagt habt: “Doch, als Musiker darf man sehr wohl politisch sein”?

Peter Palmer: Muss man als Musiker nicht sogar politisch sein? Wir haben eine gewisse Reichweite und gerade mit dem Aufstieg von AfD und Co. müssen wir diese Reichweite einfach auch nutzen, um unsere Meinung kundzutun. 

Zumal eure politischen Äußerungen nie parteipolitisch sind, sondern eher gesellschaftspolitisch, oder?

Peter Palmer: Absolut. Wir wollen uns auch nicht vor irgendeinen Parteikarren spannen lassen. Wir sind zehn Leute aus sehr unterschiedlichen Elternhäusern. Und die Meinungen innerhalb der Band gehen schon so auseinander. Ich weiß nicht einmal, ob wir alle die gleiche Partei wählen. Aber man findet dann eben den gemeinsamen Konsens.

Wann war das letzte Mal, dass ihr Karaoke gesungen habt?

Peter Palmer: Tatsächlich bin ich der einzige von uns dreien, der das schon mal gemacht hat. Das letzte Mal ist schon vier oder fünf Jahre her. Meine Smash-Hit ist “Copa Cabana” von Barry Manilow. Da bin ich der Star des Abends.

Wann war das letzte Mal, dass ihr ans Aufgeben gedacht habt und – wenn überhaupt – was wäre dann die ernsthafte Alternative gewesen?

Menzel Mutzke: Viele Musikerinnen und Musiker leben mit Zweifeln und die Zweifel gehören ein bisschen zu unserem Beruf dazu. Corona hat das natürlich total verstärkt. Letztens habe ich einem Freund auf seiner Baustelle geholfen und drei Wochen bei Wind und Wetter auf dem Gerüst gestanden. Und da habe ich mich gefragt: Was wäre, wenn ich keine ­Musik mehr machen könnte? Ich bin nachher von diesem Gerüst mit dem Gefühl runter: “Ich gehe jetzt heim und mache umso mehr Musik!” Ohne Musik bin das nicht mehr ich. Das klingt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber ohne würde was ganz Bedeutendes fehlen. Ich glaube auch, dass ich da für die ­ganze Band sprechen kann.

Wann war das letzte Mal, dass ihr froh wart, dass eine Band wie eine Familie zusammenhält?

Martin Hutter: Mir ging es am Freitag so, als ein Teil von uns als Band beim MDR war, bei dem Konzert “Friends of Joris“. Vier Leute sind dahingefahren und ich saß auf dem Sofa, habe mir das angeschaut und war wirklich sehr gerührt davon. Ich war sehr dankbar dafür, weil sich da Leute die Zeit freischaufeln.

Peter Palmer: Umgekehrt genauso. Menzel und ich waren als zwei von den vieren. Und es hat unglaublich gutgetan, von der Bühne zu kommen, das Handy in die Hand zu nehmen und die Nachrichten der Band zu lesen, weil es alle angeschaut hatten. 

Wie wichtig ist es in einer Band überhaupt, dass man sich menschlich auf einer Wellenlänge begegnet? 

Menzel Mutzke: Bei so einer großen Band, die schon so lange zusammen ist, ist der menschliche Teil schon unglaublich wichtig. So lange macht man das nur, wenn man ans Projekt glaubt. Wenn es menschlich nicht funktionieren würde, dann gäbe es uns so nicht mehr.

Peter Palmer: Klar, wenn du nur Super-Profis am Start hast, klingt das am Ende immer gut. Aber wenn die sich dann auch noch verstehen, dann hörst du es nochmal mehr. Ich glaube, dass das menschliche – tatsächlich gerade in der Musik – oft unterschätzt wird. 

Martin Hutter: Bei uns feuert man sich gegenseitig auf der Bühne an, ist füreinander da. Man spürt und hört es direkt, wenn man mehr Feuer hat, wenn man für den anderen spielt und gemeinsam Musik macht. 

Wann war das letzte Mal, dass ihr euch gewünscht habt, in einer anderen Epoche geboren worden zu sein? 

Menzel Mutzke: Wenn ich gerne in einer anderen Epoche geboren wäre, dann wären es wahrscheinlich – aber nur auf den Jazz bezogen – die 50er oder 60er Jahre gewesen. Aber an sich bin ich schon froh, in der heutigen Zeit geboren zu sein. Ich werde meinen Enkeln erzählen, dass wir eine ­wahnsinnig geile Band hatten und ein tolles, ereignisreiches Leben. Die Pandemie mit Corona wird da einen relativ kleinen Teil einnehmen, denke ich. Den Optimismus müssen wir uns auch bewahren.

Die neue Single “Schwimm” ist eine Durchhalte-Parole für alle, die ein bisschen Solidarität und Live-Nostalgie in Form von Musik gerade gut gebrauchen können.