Orchestra, Wood | Von Klaus Härtel

Der Musiker und Komponist Theodor Burkali

Burkali
Foto: Neumayr/Christian Leopold

Der in Ungarn geborene und in Salzburg lebende Theodor Burkali ist gerade dabei, ein ganzes »Clariversum« zu erschaffen – ein Universum von Klarinettenwerken verschiedenster Besetzungen. Dabei ist er stets getrieben von seiner schier unstillbaren Neugier. Sein Werkverzeichnis ist sein Tagebuch. Wir sprachen mit einem neugierigen Menschen, der seine Mitmenschen daran teilhaben lassen möchte.

Was fasziniert Sie eigentlich an der Klarinette? Was hat Sie dazu inspiriert, sich für die Klarinette zu entscheiden? Können Sie sich noch an Ihre »erste Begegnung« erinnern?

Die musikalische Vielseitigkeit, der große Tonumfang und der Klangfarbenreichtum der Klarinette fasziniert mich ständig als Musiker. Als ich in der 2. Volksschulklasse war, gab es eine Instrumentenpräsentation, bei der auch die Klarinette vorgestellt wurde. Das Schlüsselwort war für mich »Vielseitigkeit«. Ich war ein sehr neugieriges Kind und fest entschlossen, dass ich mit der Klarinette die musikalische Welt erkunden bzw. erleben möchte. 

Sie haben bei zahlreichen großen Lehrern gelernt – welcher war der prägendste und warum?

Ja, ich bin sehr glücklich von vielen großen Lehrern gelernt haben zu dürfen. Das Prägendste war für mich die Summe aller Instruktionen, Vorschläge, Erzählungen, gemeinsamer Konzertauftritte, durch deren ich die musikalische Welt aus mehreren Aspekten kennenlernen durfte. Diese Erkenntnisse animieren mich dazu weitere musikalische Abenteuer zu erleben.

Heute sind Sie auch Experte für traditionelle und neue Spieltechniken – wie kam es dazu? 

2005 erstellte ich meine Dissertationsarbeit mit dem Titel »ClariNova« über traditionelle und neue Spieltechniken, welche u. a. ca. 700 Noten- Hörbeispiele von diversen Spieltechniken und eine vollständige Grifftabelle mit ca. 900 000 Griffkombinationen von Mehrklängen beinhaltet. Diese Arbeit war wahrscheinlich meine spannendste musikalische Expedition. Für das Ergebnis habe lediglich zwei Dinge gebraucht: Meine Klarinette und meine Neugier. 

Wie integrieren Sie moderne Elemente und Techniken in Ihre Kompositionen, während Sie gleichzeitig das klassische Erbe der Klarinettenmusik bewahren?

Als Klarinettist musiziere ich in unzähligen »Rollen«, von Solo über Kammermusik bis im bzw. mit Orchester. Mit dem OENM (Österreichisches Ensemble für Neue Musik) in Salzburg spiele ich die neuesten Werke der zeitgenössischen Musikliteratur. Als Lehrer für Klarinette und Saxofon am Musikum Salzburg unterrichte ich Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die Freude am Musizieren finden. Ich treffe Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen. Musik als gemeinsame Sprache der Menschheit hat die Möglichkeit, die Kraft, die Menschen mit unterschiedlicher Herkunft miteinander zu verbinden. Beim Komponieren schreibe ich Musik, ohne lange nachzudenken, was ich selbst gerne höre, spiele oder fühle ohne Klassifizierung. In Wirklichkeit komponiert mein Leben und ich halte es auf dem Notenblatt fest. Ich freue mich sehr, dass meine Musik von Vielen »verstanden« wird.

Wann haben Sie gemerkt, dass Komponieren ein weiteres Standbein von Ihnen sein könnte?

Eigentlich schon sehr früh. Einen winzigen kleinen Schönheitsfehler stellte ich beim Musizieren fest, dass die spannenden, schönen, fesselnden und faszinierenden Musikmotive wieder verklangen. Ich wollte sie festhalten und schrieb meine ersten Kompositionen im Alter von neun Jahren, damit ich sie immer wieder spielen kann.

Gibt es ein bestimmtes Werk, das Ihnen besonders am Herzen liegt und das Sie als Ihren Durchbruch als Komponist betrachten?

Zu jedem Werk habe ich eine wichtige persönliche Erinnerung. Mein Werkverzeichnis ist quasi mein Tagebuch. Deswegen fällt mir schwer ein oder zwei Werke hervorzuheben. Auf jedem Fall mit dem Stück Capriccietto für Klarinette solo aus dem Jahr 1997, welche ich als Musikstudent an der Franz-Liszt-Musikuniversität in Budapest geschrieben habe, damit durfte ich viele Erfolge auf verschiedenen Wettbewerben feiern. TRaInspOrt für Fagott und Schlaginstrumente wurde 2002 von der niederländischen Fagottistin Dorian Cooke wunderbar uraufgeführt und wird heutzutage rund um den Globus von vielen anderen Künstlern sehr gerne gespielt. Neben mehreren Uraufführungen meiner Orchesterwerken, unter anderem mit dem Brussels Philharmonic, Mozarteumorchester Salzburg und dem Győrer Philharmonischen Orchester ist ein Meilenstein in meinem Leben die Uraufführung meines Ensemblewerkes AEQUILIBRIUM durch das Österreichische Ensemble für Neue Musik – OENM – bei den 100-jährigen Salzburger Festspielen im Jahr 2020, welches 2021 wieder ins Programm aufgenommen wurde. 

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Komposition für die Klarinette im Vergleich zu anderen Instrumenten?

Statt Herausforderung sehe ich Inspiration. Die Klarinette ist meine Stimme für meine musikalische Muttersprache. Auch für Saxofon komponiere ich mit Vorliebe, da ich auch dieses Instrument sehr gerne spiele.

Wie sehen Sie die Verbindung zwischen Ihrer Tätigkeit als Komponist und als Klarinettist? Beeinflusst das eine das andere?

Ich sehe mich einfach als Musiker, der komponierend musiziert bzw. musizierend komponiert. Ich fühle mich sehr glücklich auf dieser Weise Musik machen zu dürfen.

Welche Projekte oder zukünftigen Vorhaben haben Sie als Komponist und Klarinettist in Planung?

Zur Zeit bin ich bei einem Stummfilmprojekt als Komponist tätig. Als Klarinettist im Ensemble OENM werde ich in der kommenden Spielzeit bei weiteren spannenden Projekten mitwirken. Als Lehrer starte ich im Herbst am Musikum Salzburg mein Pilotprojekt mit dem Titel »Zauberfiguren« – spielend komponieren lernen für Musikschülerinnen und -schüler im Alter von acht bis zwölf Jahren. Das ist ein Teil meines bestehenden Großprojektes »CLARIVERSUM«, das etwa 100 Werke für Klarinette, in verschiedenen Besetzungen, in allen Schwierigkeitsgraden (Unterrichtswerke, leichte Vortragsstücke, Kammermusikwerke, Ensemblewerke sowie Klarinettenkonzerte und experimentelle Werke) enthält.

Theodor Burkali 

wurde am 28. September 1975 in Győr (Ungarn) geboren und erhielt seinen ersten Klarinettenunterricht mit 8 Jahren. Ab 1990 studierte er Klarinette und Komposition am Győrer Konservatorium. 1994 setzte er sein Studium an der Musikakademie Franz Liszt in Budapest bei Prof. Béla Kovács fort und absolvierte 1999 mit einstimmiger Auszeichnung. Ab 1997 studierte er an der Universität Mozarteum bei Prof. Emil Rieder in Salzburg. 2001 absolvierte er mit einstimmiger Auszeichnung und Würdigungspreis des Österreichischen Kulturministeriums (Mag. Art.). 2005 promovierte er mit seiner Dissertation »ClariNova – Neue Klangeffekte und Spieltechniken auf der Klarinette«. Er ist Mitglied des Österreichischen Ensembles für neue Musik. 

theodorburkali.eu