In den Anfangsjahren der sinfonischen Brassband musizierten Blechbläser gemeinsam mit Saxofonen oder auch Klarinetten in einem Ensemble. Nach und nach spezialisierten sich die Ensembles zunehmend und es waren nur noch Blechbläser und zumeist drei Schlagzeuger vertreten, die sich primär auf große Trommel, Snare Drum und Becken verteilten.
Zudem war in den Anfangsjahren das Musizieren in einer Brassband ausschließlich den Männern vorbehalten, so dass erst um 1930 die Bands auch für Frauen geöffnet wurden. Allerdings war die Begründung primär, dass durch den Ersten Weltkrieg zu viele Männer ihr Leben gelassen hatten und daher die Frauen diese Plätze nun füllen sollten. Eine gleichberechtigte Wahrnehmung der Frauen als musikalische Partnerinnen und inspirierende Ensemblemitglieder war dort noch in weiter Ferne. 1959 gründete sich als Gegenbewegung die “Trinity Girls Brassband”, in der bis heute ausschließlich Frauen musizieren dürfen.
Wunsch nach besserer Vergleichbarkeit
Mit der steigenden Beliebtheit der Brassbands und der Brassband-Wettbewerbe, entstand der Wunsch, eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen, so dass man in England eine standardisierte Brassband-Besetzung festlegte, die klar definiert, wer alles mitspielen darf. Von da an durften 10 Kornette, 1 Flügelhorn, 3 Althörner, 2 englische Baritons, 2 Eufonien, 3 Posaunen, 4 Tuben und 3 Schlagwerker mitspielen. So entstand eine Blechbläserbesetzung, die sich mit Ausnahme der Posaunen ausschließlich aus konischen Instrumenten der »Saxhorn«-Familie zusammensetzte.
Nachdem Adolphe Sax 1840 das Saxofon erfunden hatte, widmete er sich den Blechblasinstrumenten der Militärmusik und erfand die Familie der Saxhörner, allesamt konisch gebaute Instrumente, deren Größe variierte. Über Jahre wurden diese weiterentwickelt und verbessert und so sind die Kornette, Flügelhörner, Althörner, englische Baritone, Eufonien und auch die Pumpventil-Tuben entstanden. Durch die identische Bauweise gelingt es einer Brassband einen wunderschönen, weichen Mischsound zu erzielen, bei dem die Klänge der Instrumente verschmelzen und man manchmal gar nicht genau beurteilen kann, welches der Instrumente gerade gespielt hat. Das Posaunenregister mit seinen zylindrischen Instrumenten wird dann verwendet, um dem Gesamt-Sound die nötige Würze und Kraft zu verleihen.
Das Kornett in der Brassband
Das Kornett als Einzelinstrument ermöglicht dem Spieler auch eine große klangliche Bandbreite. So kann man von einem direkten, sehr trompetenähnlichen Strahlklang über weiche, flötenartige Klänge bis hin zu einem großen Hornsound alle Klangfarben produzieren. Das erfordert von den Musikern natürlich ein intensives sich Beschäftigen mit dem Instrument, um die ganze klangliche Bandbreite darzustellen. Die Kornette mischen sich untereinander wesentlich besser als die überwiegend zylindrisch gebaute Trompete, so dass man auf die Trompete bei der Brassband verzichtet.
Das Eufonium hingegen hat ein sehr großes Klangvolumen und kann sich als Einzelinstrument selbst bei 24 anderen Blechbläsern gut durchsetzen. Daher sind zehn Kornette, ein Flügelhorn und drei Althöner nötig, um in der Klangpyramide den Klang des Eufoniums aufzufüllen.
Solisten und “Wasserträger”
Die Kornette teilen sich in verschiedene Stimmen auf. Es gibt die Solokornettreihe mit vier Musikern. Die Stimmen sind technisch und musikalisch sehr anspruchsvoll und mit den 1. Geigen eines Orchesters zu vergleichen. Oft werden die Solokornette sogar nochmal in zwei oder sogar vier Stimmen aufgeteilt, so dass man sehr fleißige und fitte Musiker für diese Position braucht. Die Reihe teilt sich auf in den “Principal”, quasi den Konzertmeister der Band, der primär die komplett solistischen Passagen spielt und die Band führt. Der 2. Stuhl soll dem Principal den Rücken freihalten und ist gewissermaßen der “Wasserträger” der Solokornette. Er benötigt eine sehr gute Kondition und Höhe und muss immer dafür sorgen, dass der Principal sich beim tutti zurücklehnen kann, um sich auf die Soli zu konzentrieren. Die anderen beiden sorgen für einen schönen Gruppen-Mischsound und verleihen der Solokornett-Stimme die nötige Wucht und Klangbreite.
Hinter dem Principal sitzt das Es-Kornett, was kürzer gebaut ist als die B-Kornette und sowohl für solistische Passagen als auch für die oberen Oktaven zuständig ist. Ein selbstbewusster und leicht waghalsiger Charakter und eine Liebe zu hohen Tönen sind hier absolute Grundvoraussetzungen.
Repiano-Kornett erfordert Flexibilität
Neben dem Es-Kornett sitzt die Stimme des Repiano-Kornettes, der Springer der Band. Der Name stammt aus der Bezeichnung “Ripieno”, was aus der Barockzeit stammt und für ein volles Tutti steht. So unterstützt das Repiano-Kornett oft das Es-Kornett mit unteren Oktaven, oder die Solokornette bei anstrengenden, herausfordernden Passagen. Zudem spielt er im dreistimmigen Satz der “Tuttikornetten” der Backrow (=hintere Reihe) die 1. Stimme, die von 2. und 3. Kornetten vervollständigt wird. Allerdings werden dem Repiano-Kornett gerne auch solistische Passagen zugeteilt oder es spielt in Kleingruppen gemeinsam mit dem Flügelhorn oder einem Solokornett. Daher erfordert diese Position einen sehr flexiblen Bläser mit sehr guten Ohren und einer schnellen Anpassungsgabe. Die Stimmen der 2. und 3. Kornette verdoppelt man, da es ansonsten unmöglich wäre, diese unteren Stimmen im Kornettsatz-Gesamtsound hörbar zu machen. Manche Brassbandler nennen diese Stimmen auch liebevoll den “Maschinenraum” der Band.
Das Flügelhorn ist eine absolut solistische Stimme und ist zumeist vom Tonumfang und Technik deutlich weniger anspruchsvoll als die Solokornett-Stimmen. So kann der Spieler sich ganz auf seinen Klang und seinen musikalischen Ausdruck konzentrieren. Zudem spielt das Flügelhorn, oftmals gemeinsam mit dem Solohorn, die erste Stimme der Hornsection. Die Hornsection besteht aus dem Flügelhorn und den drei Althörnern, die sich auf Solohorn, 1st Horn und 2nd Horn verteilen. Der Schwierigkeitsgrad der Stimmen ist hier sehr unterschiedlich, so dass Musiker von unterschiedlichem Spiellevel gemeinsam musizieren können und jeder eine nicht überfordernde, aber dennoch interessante und fordernde Stimme spielen kann.
Solistische Passagen mit dem Solohorn
Das Solohorn übernimmt zudem zahlreiche solistische Passagen und Kadenzen. Für Waldhornisten ist das Althorn oftmals sehr fremd, da das Mundstück komplett anders ist und das Instrument auch mit rechts gegriffen wird. Jedoch gibt es für interessierte Waldhornisten passende Mundstückadapter und notfalls kann man das Instrument auch mit links spielen, so dass es ohne zu viel Umstellung gut möglich ist, in einer Brassband mitzuspielen.
Das klangliche Herzstück einer Brassband befindet sich rechts vom Dirigenten, in der Reihe der Baritons und Eufonien. Das Solo-Eufonium entscheidet ganz massiv darüber, welche Stücke eine Band spielen kann, da die Stimmen technisch extremst anspruchsvoll sind und ein großer Klang und ein intensives Musizieren gefordert wird. Nicht umsonst sind in der Brassband Welt die Eufoniumspieler wie Steven Mead, David Childs, Glenn van Looy, Robbert Vos oder David Thornton regelrechte Popstars. Das 2. Eufonium spielt oft dieselbe Stimme wie das Solo-Eufonium und sorgt für eine Entlastung des Solisten und für die Durchsetzungskraft in den Tuttipassagen. Die Baritons sind etwas enger mensuriert und füllen damit die Klanglücke zwischen Eufonien und Althörnern.
Das dreistimmige Posaunenregister sorgt für die Kraft der Brassband und für Posaunisten ist es oft eine große Freude in einer Brassband zu spielen. Denn um den Gesamtsound gut zu unterstützen, darf man oft wesentlich lauter, größer und breiter spielen, als es in anderen Formationen möglich ist. Die technischen Anforderungen und musikalischen Passagen sind zudem deutlich höher als in vielen anderen Orchesterbesetzungen. Der Bassposaunist avanciert dabei in vielen Bands durch die große Dynamik und die tiefe Lage zum »Hardrocker« der Band.
Fundament
Das Fundament der Band ist das vierfach besetzte Tubenregister, das sich in 2 Es- und 2 B-Tuben unterteilt. Bei guten Kompositionen und Arrangements werden diese vier Stimmen vollständig ausgenutzt, um in Oktaven, Quinten und teilweise sogar in vollständigen Dreiklängen zu spielen. So entsteht ein unglaublicher Klang, der beeindruckt und berührt. Gerne werden zudem noch Pedaltöne ergänzt, so dass man dem Klang einer sehr großen Orgel nahe kommt. Dank der verdoppelten Stimmen können die Tubisten insbesondere bei lyrischen Passagen abwechselnd atmen, so dass man ein durchgehendes Fundament erhält. Der obere Es-Tubist wird zudem gerne für solistische oder kammermusikalische Passagen verwendet.
Den größten Wandel in der Geschichte der Brassbands hat das Schlagwerkregister vollzogen. Zunächst wurden ausschließlich mit großer Trommel, Snare Drum und Becken überwiegend Märsche und Ouvertüren gespielt, so dass die ersten Originalkompositionen auch nur diese Instrumente verwenden. Mittlerweile schöpfen die Komponisten und Arrangeure aus dem Vollen und verwenden das komplette sinfonische Schlagwerkequipment von vier Pauken über Vibrafon, Röhrenglocken, Xylofon, Glockenspiel bis hin zu Drumset, Kleinpercussion, Congas, Bongos und vielen weiteren Instrumenten. Die Stimmen werden auch nach wie vor auf drei bis vier Musiker verteilt, so dass die Perkussionisten einer Band oftmals schnelle Positions- und Instrumentenwechsel haben, so dass es ein abwechslungsreiches Musizieren ist.
Dank einer großen Bandbreite von Spiel-Levels sind Brassbands für alle Musiker offen und es lohnt sich, nach Bands in der eigenen Umgebung Ausschau zu halten. Es lohnt sich, das besondere Musizieren und den berührenden Klang live zu erleben. Text: Martin Schädlich