Wood | Von Edoardo Zotti

Die Suche nach dem richtigen Blatt. Fragen Sie das Arcis Saxophon Quartett

Ask ASQ
Foto: Harald Hoffmann

Ask ASQ! – Fragen Sie das Arcis Saxophon Quartett! Unter diesem Titel startete kürzlich die neue ­Expertenrunde rund um sämtliche Saxofonfragen. Schreiben Sie dem Quartett unter askasq@brawoo.de. Diesen Monat geht es um das Blatt. Edoardo Zotti (Tenorsaxofon) klärt auf.

Sich mit seinem Blatt zu beschäftigen bedeutet nicht nur, sich um seinen Klang zu kümmern, sondern auch viele weitere Parameter können dabei verbessert werden: Artikulation, freies Spielgefühl, korrekte Muskelposition von Rachen/Kehle und Mund, Leichtigkeit in den erweiterten Spieltechniken und so weiter.

Oft habe ich Saxofonisten und Holzbläser im Allgemeinen ­Sätze sagen hören wie: “Bei meiner Artikulation ist heute so viel Geräusch dabei”, “Dieses Blatt ist so schlecht”, “Entschuldigt meinen Klang heute. Ich konnte irgendwie nicht das richtige Blatt finden”. Aber dies sollten eigentlich keine Ausreden sein. Natürlich kann jeder mal einen “Schlechtes-Blatt-Tag” haben oder mal nicht das perfekte Blatt für den jeweiligen Konzertort finden. Aber wir sollten stets versuchen, zu verhindern, dass wir regelmäßig mit solchen Problemen konfrontiert werden. Und zwar indem wir die Möglichkeit nutzen, Blätter zu bearbeiten. So haben wir am Ende eine große Auswahl an verschiedenen guten und spielbereiten Blättern, zwischen denen wir nach »dem richtigen« für den jeweiligen Rahmen suchen können.

Über den “Reed Circle”

Im Folgenden will ich meine Erfahrungen zu diesem Thema mit einer Methode teilen, die als der “reed circle” bezeichnet wird und im Wesentlichen darin besteht, die Blätter ständig rotieren zu lassen (also abzuwechseln) und in diesem Zuge zu bearbeiten. Dabei endet man dann mit einem Set von Blättern, die unterschiedlich alt sind und somit auch einen anderen Charakter beim Spielen haben.

Die Methode, Blätter ständig zu rotieren bzw. zu wechseln, hält diese am Leben bzw. lässt sie lebendig bleiben! Mit an­deren Worten: Die Blätter werden dabei nie so lange liegen gelassen, dass sie vollständig austrocknen. Im Gegenteil, das Blatt ist ständig im Einsatz, kann dadurch immer vibrieren und ist jederzeit spielbereit. Man sollte sich auch nicht nur auf das Blatt fixieren (auch wenn das zugegebenermaßen sehr schwer ist), das gerade am besten funktioniert, und dann den Rest der Blätter vergessen. Denn in allen schlummert Potenzial!

Also legen wir gleich mal los!

Wenn ich ein Blatt zum ersten Mal auspacke, spiele ich es beim Üben nicht länger als fünf Minuten und zwar zumindest die erste Woche lang. Warum ich das mache? Da das Blatt neu ist, vibriert es noch nicht vollständig und in diesem Zustand sollte man es nicht zu früh übermäßig belasten. Nachdem man ein wenig darauf gespielt hat, sollte man es erst mal in einer Box oder einem Etui ruhen lassen, in dem die Luftfeuchtigkeit kontrolliert werden kann: Hierbei gibt es verschiedene Blattetuis auf dem Markt wie etwa die von D’Addario, die bereits mit einem Feuchtigkeitsregler geliefert werden und in der Größe der Blätter des jeweiligen Instruments erhältlich sind. Im Grunde aber erzielt man das gleiche Ergebnis, indem man eine normale Lunchbox als Blattbox verwendet und einen kleinen Schwamm (regelmäßig befeuchtet) als Luftbefeuchter dazu legt – eine preiswerte und gute Alternative!

Auch wenn man sich bei der Auswahl der Stärke seiner Blätter sicher ist, sind diese vermeintlich gleichen Blätter nicht alle gleich gut auf der gesamten Oberfläche ausbalanciert. So kann es vorkommen, dass sie entweder zu leicht oder zu schwer für einen sind. Daher – sobald das Blatt im Einsatz ist – checke ich gerne, wie es auf mein Spielen reagiert.

Ich muss die Reaktion des Blattes checken

  • Wenn sich das Blatt zu hart anfühlt oder zu viel Luft bzw. Geräusch in meinem Klang ist, nehme ich mein Blatt und lege es mit der Rückseite auf ein Blatt Papier (für Sopran- und Altsaxofon; für Tenor- und Baritonsaxofon bevorzuge ich fein­körniges Schleifpapier) und reibe es mit gleichmäßigem Druck 10 bis 15 Mal auf dem Papier hin und her. Dieses Verfahren kann dann je nach Belieben wiederholt werden. Man sollte ledig­lich im Hinterkopf haben, dass Blätter recht empfindlich sind und man beim Bearbeiten immer vorsichtig sein sollte. Weniger ist hierbei oft mehr. Im Anschluss spiele ich das Blatt auf dem Mundstück abwechselnd von links nach rechts und überprüfe dabei, wo noch ein größerer Widerstand zu spüren ist. Wenn das auf einer Seite des Blattes noch der Fall ist, lege ich mein Blatt wieder auf ein Papier und übe beim Schleifen auf der Seite Druck aus, auf der ich gerade noch ein ungutes Spielgefühl hatte. So kann ich das Blatt insgesamt besser ausbalancieren.
  • Wenn sich das Blatt für mich beim Spielen zu leicht anfühlt, gibt es leider nicht so viele Optionen: Man muss einen Blattschneider verwenden und die Oberseite des Blattes abschneiden (siehe Abbildung – rosa Bereich an der Blattspitze). Hier habe ich zwei Ratschläge: Erst mal natürlich den Blatt­schneider für die richtige Größe des Blattes (je nach Instrument) besorgen. Zweitens: Immer daran denken, nicht zu grob und voreilig zu sein. Denn einmal getan, gibt es hierbei kein Zurück mehr: das Blatt wird definitiv ein anderes sein.

Das Blatt besser kennenlernen

Wenn man seine Blätter regelmäßig bearbeitet, lernt man ­diese auch besser kennen und weiß mit ihnen richtig umzugehen. Wenn man irgendwann ein Gefühl dafür entwickelt hat, worauf es dabei ankommt, spart man natürlich auch Zeit bei der Suche nach dem richtigen Blatt vor einem Konzert oder einem Gig.

Wenn wir gerade schon bei Konzerten und Gigs sind – da ist mein Tipp: Niemals kurz vor dem Konzert ein neues Blatt wählen. Das ist ein weit verbreiteter Fehler, den ich von vielen Spielern (sogar Profis) kenne. “Konzert? Ich brauche ein frisches und brandneues Blatt für diesen Anlass!” Na ja… eigentlich nicht. Neue Blätter sind sehr unzuverlässig und müssen sich erstmal “stabilisieren”, um sich an das Mundstück und den Spieler anzupassen. Man springt auch nicht auf ein wildes Pferd und versucht, es zu zähmen. Niemand kann das Ergebnis dabei garantieren oder vorhersehen, selbst wenn man ein professioneller Jockey ist…

Beim Suchen des perfekten Blattes gelangt man wahrscheinlich niemals ans Ziel, aber wir müssen uns ja auch nicht verrückt machen. Der Fokus sollte immer auf dem Spielen des Instruments liegen; das Blatt ist nur Mittel zum Zweck. Die Abbildung zeigt die verschiedenen Bereiche und Zonen eines Blattes, an denen man schleifen und arbeiten darf, je nach Ergebnis, das man erreichen will. Und nun viel Spaß bei der Arbeit an euren Blättern!

Blattbearbeitung

http://www.arcissaxophonquartett.de