Orchestra | Von Jürgen K. Groh

Entspannen Sie sich! Üben üben!

entspannen

Müßiggang ist aller Laster Anfang? Von wegen! Wahre Könner wissen um den Wert der täglichen Ruhepause. Das ist das Thema des 18. Beitrags von “Üben üben!”. Die Serie befasst sich mit der Gestaltung bzw. Planung des Übens.

Sie kennen diese Situation vielleicht nur zu gut: Wenn viel zu tun ist und viele Dinge Ihre Aufmerksamkeit erfordern, streichen Sie als allererstes die Zeit vom Terminkalender, die Sie eigentlich zur Entspannung und zum Müßig­gang “für sich selbst” reserviert hatten. Beziehungsweise stand diese Zeit meist gar nicht erst in Ihrem Kalender, denn Sie hatten eben nur dann Zeit für sich, wenn Zeit übrig war.

Wie wäre es aber, wenn Sie von heute an in Ihrem Kalender einen solchen Termin mit sich selbst notieren würden. Vielleicht 15 Minuten am Morgen oder eine Stunde am Abend oder einen Nachmittag am Wochenende? Fest ein­getragen und auch nicht verschiebbar planen Sie ab jetzt jeden Tag einen “Termin mit sich selbst”.

Selbstfürsorge

Unter dem Stichwort “Selbstfürsorge” gilt es nämlich, das eigene Wohlbefinden neben all den täglichen Verpflichtungen und Verlockungen wichtig zu nehmen. Hören Sie auf Ihr Bauch­gefühl und nehmen Sie sich Zeit für Dinge, die Ihnen wirklich guttun!

Das mag sich anfangs eventuell komisch anfühlen, aber genau darum geht es bei der Selbst­fürsorge: sich selbst die Fürsorge und den Respekt entgegenzubringen, den Sie auch anderen einräumen. Und was Sie in dieser Zeit letztlich tun, ist ganz Ihnen überlassen: meditieren, ein heißes Bad nehmen oder einfach nur auf der Couch liegen und Löcher in die Luft starren… Jede Beschäftigung hat ihre völlige Daseins­berechtigung, solange Sie sich gut mit ihr fühlen und Ihre Batterien wieder aufladen.

Musikalischer Selbstfürsorgetipp

Zugegeben, das ist für an vieles Üben gewohnte Aktivistinnen und Aktivisten alles andere als einfach. Deshalb gibt es hier einen musikalischen Selbstfürsorgetipp für den berühmten “ersten Schritt”: Hören Sie sich mehrmals eine Auf­nahme Ihrer Traumsolistin bzw. Ihres Traumsolisten an! Tauchen Sie dabei regelrecht in diese Aufnahme ein und verfolgen Sie die Solistin bzw. den Solisten mit gespitzten Ohren. Erstens fühlen Sie sich dabei wohl und zweitens erleben Sie ganz nebenbei einen Lernvorgang, welcher auf der (hörenden) Beobachtung des Verhaltens von menschlichen Vorbildern beruht. Eine Methode, die als Sozialkognitive Lerntheorie des jahr­zehnte­lang an der kalifornischen Stanford University lehrenden kanadischen Psychologen Albert Bandura (1925 bis 2021) bekannt und unter den Namen “Modelllernen” oder “Lernen am Modell” berühmt wurde. Vielleicht kennen Sie diese Methode auch unter Namen wie: Beobachtungslernen, Nachahmungslernen, Imitationslernen, Identifikationslernen usw.

Verbinden Sie Ihre Selbstfürsorge mit Ihrer Freude an der Musik und lernen Sie durch das An­hören dieser Aufnahme unbewusst mehr für Ihre musikalischen Fähigkeiten, als Sie im ersten Moment zu lernen glauben. Und nehmen Sie sich Zeit dazu. Denn schon Mahatma Ghandi sagte: “Nimm dir Zeit. Ein Acker, der ausruhen konnte, liefert prächtige Ernte.”

Der Autor Jürgen K. Groh ist Master of Arts, Dirigent, Moderator und Vizepräsident der WASBE Sektion Deutschland. Er ist unter der E-Mail Adresse juergenkgroh@brawoo.de zu erreichen.