Aktuell, Brass, Orchestra | Von Jürgen K. Groh

Führen Sie Selbstgespräche! Üben üben!

Selbstgespräch

Herzlich willkommen zur neuen Serie “Üben üben!” bei der in jeder BRAWOO-Ausgabe ein Satz zur Gestaltung bzw. Planung des Übens im Mittelpunkt steht. Die Artikel sind nach Barbara Mintos “Pyramiden-Prinzip” gestaltet: zuerst der Grundgedanke, dann nähere Erläuterungen dazu. Das hat nebenbei auch den Vorteil, dass Sie, liebe Leser, selbst bei schnellem Durchblättern die Kernaussage wahrnehmen.

Selbstgespräche haben keinen guten Ruf. Zu schnell denken wir an jemanden, der in der U-Bahn ununterbrochen vor sich hinmurmelt und bei Teenagern und Erwachsenen gilt die Devise: Sich nur nicht bei Selbstgesprächen erwischen lassen. Schnell gilt man sonst als Sonderling.

Selbstgespräch mit der Seele

Doch vergessen Sie bitte nicht: Eigentlich sprechen Sie ständig mit sich selbst – nämlich in Gedanken. Schon der griechische Philosoph Plato wusste, dass Denken ein “Selbstgespräch mit der Seele” ist.

Deshalb möchte ich Sie anregen, sich das zu­nutze zu machen, um sich Musik anzueignen und im Gedächtnis zu verankern. Denn die mi­nutiöse Beschreibung in Worten, zum Beispiel beim Erlernen einer schwierigen Stelle oder eines komplexen Griffwechsels, ist ein gutes Mittel, die Sache wirklich in den Griff zu bekommen! Wer schreibt, der bleibt; wer beschreibt, der schafft Lerninhalte in sein Langzeitgedächtnis!

Selbstgespräche im Spitzensport

Ausgesprochene Gedanken sind intensiver und werden direkter wahrgenommen. Durch Selbstgespräche kann man sich mehr Zeit nehmen, an Ideen und Gedanken dranzubleiben und diese besser zu ordnen und zu analysieren. Denn ­Worte auszusprechen ist langsamer als sie nur zu denken.

Fast in allen Bereichen des Spitzensports wird das Selbstgespräch genutzt, um Motivation und Konzentration zu steigern. So können Selbstgespräche unter anderem dazu dienen, Selbstkritik zu üben, sich selbst zu managen, soziale Situationen einzuschätzen und sich selbst zu be­stätigen.

Benennbare Übeaktionen

Wichtig ist, sich einzugestehen, dass die eigene Aufmerksamkeit nicht allumfassend ist. Deshalb sollten Sie beim Üben bewusst auswählen, wo­rauf sie Ihre Aufmerksamkeit richten und dies auch sprachlich laut benennen. Also während einer kurzen Pause deutlich und laut aussprechen, was Sie üben wollen: die Intonation, die Klangfarbe, die dynamische Kurve, die Geschwindigkeit einer Tonverbindung usw. Durch diese benennbaren Übeaktionen fördern Sie eine Verfeinerung Ihrer Wahrnehmung und schulen Ihre Unterscheidungsfähigkeit.

Stellen Sie sich ab heute auch laut Fragen wie: Was führte zu dem Fehler? War es eine falsche Bewegung, eine Verwechslung, ein Nachlassen der Konzentration? Und geben Sie sich die entsprechenden Antworten.

Sprechen Sie laut mit sich selbst

Schrecken Sie nicht davor zurück, weil vielleicht das zutrifft, was der 1882 geborene französische Berufsdiplomat, Dramatiker und Schriftsteller Jean Hyppolyte Giraudoux sagte: “Man führt nicht mehr genug Selbstgespräche heutzutage. Man hat wohl Angst, sich selbst die Meinung zu sagen.”

Der Autor Jürgen K. Groh ist Master of Arts, Dirigent, Moderator und Vizepräsident der WASBE Sektion Deutschland. Er ist unter der E-Mail Adresse juergenkgroh@brawoo.de zu erreichen.