Brass | Von Malte Burba

Kann das Zungenbändchen Schuld sein Malte Burba?

Zungenbändchen
Foto: Klaus D. Peter, Wiehl, CC BY 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3518232

Von den Fragen, die Malte Burba immer wieder erreichen, greifen wir jeden Monat einige heraus, die alle interessieren könnten. Im aktuellen Beitrag geht es ums Zungenbändchen, YouTube und Sitzen vs. Stehen. Wenn Sie eine Frage haben, die Malte Burba auf dieser Seite beantworten soll, dann mailen Sie an: burba(at)brawoo.de

Ich habe einen erwachsenen Schüler, der seit einem Jahr das mittlere C nicht erreicht. Heute sagte er mir, dass sein Zungenfädchen zu kurz ist, es in der Kindheit operiert werden sollte, aber nie gemacht wurde und er deswegen die Zunge nicht weit rausstrecken kann. Eine Operation wäre aber jetzt zu spät, weil das Sprechen Schaden nehmen könnte. Kann das der Grund für seine Unfähigkeit auf der Trompete sein, wenn durch das zu kurze Bändchen der Kiefer entweder zu geschlossen oder die Zunge zu unbeweglich ist?

Wie leider viel zu oft ist diese Frage wieder ein Musterbeispiel für negatives Denken, indem man nach Ausflüchten sucht, um sich möglicher Eigenverantwortung entziehen zu können. Eine Zeit lang grassierte, aber tatsächlich in manchen Blechbläserkreisen die Mode, das Zungenbändchen oder Lippenbändchen (zwischen Lippe und Zahnfleisch) zu durchtrennen, in der Hoffnung, dass sich dadurch Probleme beim Spielen eines Blechblasinstrumentes quasi von allein erledigen. Das ist natürlich, wie Lippenchirurgie grober Unfug, abgesehen davon, dass es dabei zu erheblichen Komplikationen und bleibenden Schäden (Speichelproduktion) kommen kann.

Sehr seltene, tatsächliche medizinische Indikationen erörtere ich an dieser Stelle nicht. Aber selbst wenn der psychische Druck auf die Betroffenen durchaus beträchtlich sein kann, vor allem wenn Sie eine schwerwiegende Behinderung eingeredet bekommen, bleibt es für uns Blechbläser bei der simplen Regel: Wer sprechen und unfallfrei Nahrung zu sich nehmen kann, erfüllt damit alle Voraussetzungen, um erfolgreich ein Blechblasinstrument zu spielen! Chirurgische Eingriffe schaffen nur neue Probleme und sind auf keinen Fall hilfreich bei instrumentalem Unvermögen!

Wenn man mal durch ist und partout keine Lust zum Üben hat, soll man (wie auf einem YouTube-Video empfohlen) ganz nebenbei beim Video gucken ein bisschen vor sich hinspielen. Was halten Sie davon?
  1. Dass eine Emotion wie Motivation manchmal vom Verstand unterstützt oder gar ersetzt werden muss, hatten wir schon (Clarino 9/2013). Bitte nachlesen!
  2. Die Alternative »besser unkonzentriert als gar nicht« ist keine Alternative, denn man sollte immer das, was man tut, konzentriert und mit Anspruch tun! Wenn Sie kochen, obwohl Sie eigentlich keine Lust haben, kochen Sie zwar ggf. unaufwendiger, aber rühren nicht irgendeinen Dreck zusammen, nur weil Sie mental nicht bei der Sache sind.

Weitere Kommentierungen erspare ich mir.

In Ausgabe 1/2018 hatten Sie dargestellt, dass eine aufrechte, quasi militärische Spiel-haltung atemphysiologisch ungünstig ist. Aber, wie wir herausgefunden haben, klingt es doch eindeutig besser! Und besser aus­sehen tut es sowieso! Was sagen Sie dazu?

Zuerst möchte ich Sie vor dem weitverbreiteten Trend zu Vereinfachungen warnen und an die berühmte Kausalitätsfalle erinnern (Clarino 11/2011), denn wenn Sie zwei Dinge beobachten, die in einem Zusammenhang zueinander zu stehen scheinen, muss mitnichten Kausalität im Spiel sein. Natürlich klingt es kerzen­gerade aufrecht sitzend oder stehend meist sofort besser, aber nur weil man bei angespannter Skelettmuskulatur auch die Bauch- und Flankenmuskulatur, also die zur Stütze benötigten Muskeln, anspannen muss, also ganz zwangsläufig besser stützt. Das Problem bei der militärischen Sitzhaltung bleibt aber das Einatmen, denn richtig stützen kann man auch auf dem Sofa.