Brass | Von Klaus Härtel

Felix Geroldinger über Posaune und Bariton

Felix Geroldinger
Felix Geroldinger (Foto: Katharina Geroldinger)

Seit einem Jahr etwa ist er Soloposaunist des Philharmonischen Orchesters Vorpommern und hat damit quasi offiziell die Musik zum Beruf gemacht. Mit dem Gewinn des Probespiels im vergangenen Jahr setzt sich der Weg des oberösterreichischen Baritonisten und Posaunisten Felix Geroldinger weiter fort. Außerdem präsentierte er kürzlich seine Solo-CD “Premiere”, auf der die Highlights aus seinem Solorepertoire für Bariton und Klavier, sowie Werke mit dem Geschwistertrio “Esprit” zu hören sind. Wir trafen den 27-jährigen Musiker bei seinem Zwischenstopp in München. Mit dabei war Vater Karl Geroldinger. 

Karl Geroldinger hat Trompete studiert, ist Dirigent und Leiter des Oberösterreichischen Landesmusikschulwerks, Felix’ Mutter unterrichtet Querflöte. Im Alter von sieben Jahren hat Felix Geroldinger begonnen, Trompete zu lernen. Sein Bruder Jonathan hat die Liebe zum Schlagzeug entdeckt und sein Studium in Wien bereits abgeschlossen. Die Schwester Katharina ist den Weg der Mutter gegangen und mit der Querflöte gerade dabei, ihre Universitätsausbildung zu absolvieren.

Dass Kinder aus einem musikalischen Elternhaus auch Musik machen, ist nicht überraschend. Dass sie die Musik zum Beruf machen, aber auch keine Selbstverständlichkeit. Druck sei nie ausgeübt worden, versichert Felix Geroldinger. Unterstützung schon, fügt Karl Geroldinger hinzu. Der Sohn ist dankbar, dass er die bestmögliche Ausbildung bekommen hat, dass er die Auftrittsmöglichkeiten in den Orchestern des Vaters hatte. “Das hat uns schon sehr viel gebracht, etwa die Sicherheit beim Spielen oder auch die Bühnenerfahrung.” “Bei Felix hatten wir nie den Eindruck, dass man ihn groß motivieren musste”, fügt der Vater an. Das sei ein Selbstläufer gewesen.

Den Weg ins Philharmonische Orchester hat Felix Geroldinger aus eigenem Antrieb gewählt. Für die Stelle sei der Einfluss des Vaters kein Druck gewesen, allenfalls eine positive Verstärkung. Und bei aller Unterstützung durch das Elternhaus – spielen muss Felix Geroldinger immer noch allein. 

Seit fast einem Jahr bist du nun Solo-Posaunist beim Philharmonischen Orchester Vorpommern. Nach »Ein Bayer auf Rügen« heißt es jetzt »Ein Österreicher an der Ostsee«… Ist der Wechsel in den hohen Norden ein Kulturschock? 

(lacht) Es ist natürlich schon etwas anderes und im ersten Augenblick ein bisschen ungewohnt. Und ja: Es ist schon sehr weit nördlich von zu Hause. Die schnellste Zugverbindung von Passau – in der Nähe ist mein Elternhaus – dauert etwa achteinhalb Stunden. Von Wien aus dauert es ein bisschen länger… Aber die Leute in Vorpommern haben es mir leicht gemacht, mich dort wohlzufühlen. Außerdem bin ich ein Typ, der das Meer und den Strand sehr gerne mag. Ein Österreicher an der Ostsee – das passt sehr gut.

Zumal dein großes Ziel schon auch war, irgendwann im Orchester zu landen, oder?
Felix Geroldinger
Felix Geroldinger (Foto: Katharina Geroldinger)

Ja klar. Ich habe immer wieder Probespiele absolviert. An diesem Tag hat es eben geklappt – ich hatte im Vorfeld auch ein gutes Gefühl. Dieses Gefühl ist allerdings nicht immer gleich. Manchmal denkt man, man hat sehr gut gespielt und dann fliegt man gleich in der ersten Runde raus. Und umgekehrt hat man sich mal nicht so gut gefühlt und kommt trotzdem weiter. Hier in Vorpommern waren es insgesamt vier Runden mit einem zusätzlichen “Vorprobespiel”. Ich habe immer versucht, zu den Probespielen nicht mit einer bestimmten Erwartung zu fahren. Damit mache ich mir ja selber nur noch zusätz­lichen Stress. Ich wollte einfach immer mein Bestes geben – und schauen, was dabei rauskommt… 

In Vorpommern hat es geklappt, das Probejahr ist bereits absolviert – wie ist dein Re­sümee?

Ich habe ein sehr gutes Gefühl, das Programm ist abwechslungsreich und die Kollegen sind super. Wir verstehen uns auch innerhalb der Gruppe gut. Das ist immer sehr wichtig. 

Woher kommen deine Kollegen?

Meine beiden Posaunen-Kollegen kommen aus Hannover und aus Ungarn. Die Sprache im Orchester ist Deutsch. Da musste ich mich ein bisschen bemühen als Österreicher. Ich musste schön deutlich sprechen – aber ich glaube es wird schon. Man versteht mich. (lacht)

Vor kurzem ist deine CD “Premiere” erschienen. Hier spielst du Bariton und im Orchester Posaune… Welches Instrument würdest du als dein Hauptinstrument bezeichnen? 

Das ist eine schwierige Frage… Bis vor ein paar Jahren hätte ich wohl sofort “Bariton” gesagt. Damit habe ich viele Wettbewerbe gespielt und gewonnen. Mit dem Bariton habe ich auch früher angefangen als mit der Posaune. Ganz früher habe ich ja Trompete gelernt und bin dann auf Bariton umgestiegen. Die Posaune kam dann mit etwa 15 Jahren dazu. Heute spiele ich eigentlich beides gleich gerne. Ich will mich da gar nicht entscheiden müssen – vielleicht auch weil die Instrumente eben unterschiedlich sind und verschiedene Einsatzbereiche haben. Kürzlich hatten wir zum Beispiel wieder ein Projekt mit der Brassband Oberösterreich, was eine schöne Abwechslung zum Posaunenspiel im Orchester ist. 

Wie kommst du mit der technischen und auch musikalischen Umstellung zurecht, wenn du von einem zum anderen Projekt wechselst?

Natürlich ist es eine Umstellung, aber das geht schon. Beim Eufonium etwa nehme ich dasselbe Mundstück wie auf der Posaune. Beim Bariton ist alles ein bisschen kleiner und auch enger mensuriert und da muss ich mich schon ein bisschen anpassen. Aber genau das macht für mich den Reiz aus. Wenn ich zwischen dem Sinfonieorchester, der Brassband oder dem Blasorchester wechsle, bleibe ich aufmerksam. Gerade das Sinfonieorchester ist für mich immer spannend, weil ich viele Werke ja zum ersten Mal spiele. 

Ist es auch ein Ziel der CD “Premiere“, das Bariton ein wenig aus dem Schatten hervorzuholen? 
Felix Geroldinger

Es gibt also vor allem in Österreich nicht so viele Leute, die das Instrument spielen. Man kennt es in der Blasmusik, und das Eufonium ist bis zu einem gewissen Grad vergleichbar. Und doch irgendwie auch nicht… Denn der Klang ist dann doch noch ein bisschen anders. Weil das Bariton eben schon lange mein Instrument ist, wollte ich einfach zeigen, dass man damit ganz ordentlich musizieren kann, dass man es auch als Solo-Instrument einsetzen kann und dass es vor allem Literatur dafür gibt. Ich hoffe, das ist mir gelungen.

Warum ist es überhaupt das Bariton geworden? 

Das hatte eigentlich einen praktischen Hintergrund. Zunächst habe ich ja Trompete gespielt und man hat aber dann gemerkt, dass mir das tiefe Blech eher liegt… 

Karl Geroldinger: Vielleicht darf hier die kleine Anekdote zum Besten geben? Denn dass Felix zum Bariton gekommen ist, dabei handelt es sich eigentlich um ein Komplott (lacht)

Felix wollte unbedingt Trompeter werden als Kind. Wir haben aber einfach gemerkt, dass er sich schwer tat damit, dass er mit den Lippen beispielsweise nicht dementsprechend entwickelt war. Aber er war nicht davon zu überzeugen, etwas anderes auszuprobieren. Also habe ich mit dem Musikalienhändler einen Termin vereinbart. Wir haben dann dort viele Dinge ausprobiert, ganz bewusst Mundstücke geändert. Zuvor hatte der Musikalienhändler extra ein Bariton in die Auslage gehängt, das er dann mit den Worten “Ich glaube, ich habe da was für dich, eine große Trompete” hervorgeholt hat. “So eine hat niemand in Österreich!”

Der Plan ist offensichtlich aufgegangen. Ist es dein Ziel, dass der Ausspruch “So eine hat niemand in Österreich” sich wandelt in “So eine kennt jeder”? Planst du auch, das Bariton mal im Philharmonischen Orchester Vorpommern zu spielen?

Das wäre natürlich schon toll, ja. Ich habe schon einmal mit einem Streichorchester gespielt, das war auch eine sehr coole Kombination. Diesen Sommer ist auch wieder ein Solo-Projekt mit Streichern geplant. Aber ja, Bariton-Konzerte gibt es kaum. Es gibt Eufonium-Konzerte und in der romantischen Literatur gibt es ein paar Orchesterstücke, in denen das Tenorhorn besetzt ist, in der “7. Mahler” zum Beispiel oder in “Ein Heldenleben” von Richard Strauß. Aber das ist schon alles sehr vereinzelt…

Im Brassband-Bereich ist man da schon weiter, oder? Schließlich bist du im Jahr 2022 in die “Band of the Year” der Website “4barsrest” gewählt worden. 

Die sinfonische und die Brassband-Szene sind unterschiedliche Welten. Und die Szene in England ist da noch einmal ganz anders. Bei uns sind die meisten Musikerinnen und Musiker schon auch klassisch ausgebildet – von daher lässt sich das für uns ganz gut vereinbaren. Wir sprechen unter den Kollegen über alles mögliche und jeder ist jeweils offen für das, was der andere macht. Das ist das Spannende daran, wenn jeder – örtlich und musikalisch – ganz woanders herkommt. Da ist man immer neugierig. 

Ein weiteres wichtiges “Nebenprojekt” ist vermutlich das SBO Ried?

Das SBO Ried ist sozusagen ein “Heimatorchester”. Dort spiele ich mit, so oft es geht. Nicht immer geht es sich zeitlich aus, aber wenn es klappt, ist das natürlich besonders schön. Ich fühle mich dem Orchester sehr verbunden. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir schon sehr früh mitgespielt haben – meine Schwester, mein Bruder und ich. Wir wurden immer mit­genommen, haben immer zugehört. Meine Schwester Katharina hat mit neun Jahren schon mitgespielt. Wir sind da so ein bisschen mit hi­neingewachsen. 

Was sind denn deine Ziele für die Zukunft? 

Ich möchte eigentlich so lange und so viel wie möglich Spaß am Musizieren haben. Ich liebe es, Musik zu machen – völlig unabhängig vom Genre.