Ob Beckmesser-Harfe oder Gralsglocken-Klavier: Wagners Opern forderten die Instrumentenbauer. Eine besonders harte Nuss war die Tristantrompete.
Die Opern von Richard Wagner sorgten im 19. Jahrhundert für reichlich Furore. Nicht zuletzt bei den Musikinstrumenten-Herstellern, denn Wagner äußerte viele Sonderwünsche hinsichtlich Tonumfang, Klangfarbe und Aussehen der Orchester- und Bühneninstrumente. Da seine Opern in einer mythischen Spätantike oder einem diffusen Mittelalter spielen, wünschte er sich zuweilen “historisierende” und fremdartige Bläserklänge.
Berühmt wurden die Wagnertuben (auch: Rheingoldtuben), die tatsächlich neuartige Hörner waren und den Klang antiker Blasinstrumente suggerieren sollten. Auch die “Königstrompeten” für den “Lohengrin” fertigte man eigens an – sie mussten altertümlich und besonders edel aussehen.
Daneben verlangen Wagners Werke aber auch Basstrompeten, Kontrabassposaunen, Kontrabasstuben und tiefe Hörner. Bei den Holzblasinstrumenten wünschte sich der Komponist unter anderem ein Fagott mit tiefem A, eine Altoboe und eine Bassklarinette. Fürs Fagott entstand so die “Wagnerstürze”, auch die Altoboe wurde neu entwickelt. Bassklarinetten konnte man immerhin aus Frankreich beschaffen.
Ein Englischhorn, das wie ein Alphorn klingen soll
Ein besonders interessanter Fall ist die Tristantrompete. Im 3. Akt von “Tristan und Isolde” bläst ein Hirte eine fröhliche Melodie und kündigt damit die Ankunft Isoldes an. Zuvor hat er eine traurige Weise gespielt, sie erklingt auf dem Englischhorn – nun aber ändert sich der Charakter der Melodie. Wagner schreibt zu diesem Wechsel: “Das Englischhorn soll ab hier die Wirkung eines sehr kräftigen Naturinstruments hervorbringen. Etwa wie das Alphorn. Es ist daher zu raten, es durch Oboen und Klarinetten zu verstärken.” Tatsächlich spielt die fröhliche Hirtenweise in vielen Aufführungen das Englischhorn.
Allerdings fährt Wagner fort: “Das Zweckmäßigste wäre, ein besonderes Instrument aus Holz nach dem Modell der Schweizer Alphörner anfertigen zu lassen, was weder schwierig noch teuer sein wird, da es nur die Naturtonskala zu haben braucht.” Dazu muss man wissen: Wagner komponierte den 3. Akt von “Tristan und Isolde” 1859 im Stammland der Alphornbläser, in Tribschen (Luzern) in der Zentralschweiz.
Bei der Uraufführung 1861 kam dann auch wirklich ein solches Naturtoninstrument zum Einsatz, ein “Schweizerhorn” mit einer Länge von 2,27 Meter und einem von der Firma Heckel eigens aufgesetzten Englischhorn-Schallstück. Das Instrument ist nicht erhalten, aber so viel lässt sich sagen: Um die von Wagner geforderten Töne sauber zu spielen, hätte dieses »Alpenhorn« deutlich länger sein müssen.
Eine langgezogene Holztrompete
Die Instrumentenbauer entwickelten später eine dezidierte “Tristantrompete” – das ist eine langgezogene Holztrompete mit einem Metallmundstück. Sie hat ein einzelnes Ventil für die tieferen Töne und einen großen Schallbecher, der immer noch entfernt an den »Liebesfuß« des Englischhorns erinnert. Der Bayreuther Tristantrompeter Andreas Sichler sagt: “Der Klang ist viel weicher und ein bisschen dunkler als der der Trompete, aber durchdringender als der des Englischhorns. Es ist ein kraftvoller, natürlicher Klang, wie Wagner ihn sich vorstellte.”
Der gewünschten Klangfarbe zwischen tiefer Oboe und Alphorn kann man sich prinzipiell aber auch mit Rohrblattinstrumenten annähern – dann wird die Tristantrompete zur Tristanschalmei. Auf diesem Weg entwickelte die Firma Heckel ihre Clarina, die 1891 (nach Wagners Tod) im Bayreuther “Tristan” eingesetzt wurde. Etwa zur gleichen Zeit versuchte es Gustav Mahler in Budapest mit dem modernen Tárogató – beide Instrumente erinnern im Klang an ein Saxofon.
Die Heckel-Clarina wurde dann noch weiterentwickelt zum Heckelfon (1903) – immer nach Wagners Klangvorgabe. Auch eine explizite “Tristanschalmei” wurde bei Heckel gebaut – offenbar handelt es sich um eine Kegeloboe mit Oktavklappe.
Bisher erschienen: “Stichwort Rohrblatt-Trio“, “Stichwort Saxofonquartett” und “Stichwort Marsyas”