Was machen Sie beruflich? – Ich bin Musikpädagogin. Musikpädagogik? Im Gesicht meines Gegenübers ist ein großes Fragezeichen zu sehen. Manche Gesprächspartner fragen an dieser Stelle weiter. Bereitwillig gebe ich Auskunft über meinen Job: Ja, ich bin Musiklehrerin und unterrichte Trompete. Einige meiner Schülerinnen und Schüler sagen auch, dass ich ihr Musik-Coach bin. Die meisten empfinden mich eher als eine Art Lernbegleitung und mein jüngster Schüler behauptete neulich, ich wäre seine Musik-Influencerin.
Was bedeutet überhaupt Musikpädagogik? Laut Duden ist die Musikpädagogik die Wissenschaft im Fach Musik. Aber die Wissenschaft ist natürlich nur ein Teil des Berufs. Denn wichtig ist immer, ob Menschen in meinem Job in der Lage sind, die Theorie in die Praxis zu übertragen. Wer jemals 30 Minuten mit einer Schülerin oder einem Schüler in der Absicht verbracht hat, ihr oder ihm etwas beizubringen, wird schnell feststellen: Theoretisches Wissen ist gut, aber die praktische Anwendung dessen ist entscheidend. Daher gibt es im Studium der Musikpädagogik (mancherorts auch “Music Education” genannt), welches bis vor einiger Zeit an manchen Hochschulen auch unter dem Begriff “Musikerziehung” lief, viele Praxisfächer.
Die Abschaffung des Begriffs “Musikerziehung” feiere ich bis heute im Stillen, denn wer möchte allen Ernstes schon sein Leben damit verbringen, Menschen irgendwohin zu ziehen, zu erziehen? Wer sich auch nur ein klein wenig mit Motivation auseinandergesetzt hat, wird wissen, dass Menschen viel leichter laufen, wenn sie es von sich aus möchten. Jemanden motivieren zu wollen (oder gar zu müssen) oder jemanden zu “erziehen” halte ich für eine fragwürdige Angelegenheit.
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